Neu Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 60
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Merold Lokaltermin •
Fast scheint es, als würden Jonas Merold und seine Mannschaft das
Ambiente des Restaurants in Gerichte umsetzen wollen. Ihre Küche ist
nahezu kompromisslos in der jüngeren kulinarischen Zeitgeschichte
angesiedelt, und das meine ich jetzt ebenso kompromisslos positiv.
Nichts von dem jungen wilden Chaos, das einige aktuelle Shootingstars
auf ihren Tellern produzieren, auch kein spartanisches, am
besten noch von ungewürztem Brot zur Geschmacksneutralisierung
begleitetes Verkostungsritual, sondern eher was in der Kategorie
wahrer Genuss.
Die Merold-Speisekarte nennt in gewohnter Verknappung elf Gerichte,
aufgeteilt auf drei Kategorien: Kleines, Großes, Süßes. Das
erleichtert die Entscheidung und zwingt nicht ins Menükorsett – viermal
vom Kleinem sind ebenso ein gutes Abendessen wie dreimal vom
Großen oder einmal von jedem. Wir entschieden uns für die Variante
2-2-1 und waren damit bestens beraten (s. Seiten 38 und 39).
Schon der erste Gang (Zwiebel / Buchweizen / Schwarzer Knoblauch)
zeigte, wie die Merold-Crew kulinarisch tickt: Zu Schalotten, die
in geräucherter Butter karamellisiert wurden, gab es eine Creme
aus schwarzem Knoblauch und Buchweizen, laktofermentierten
Kojischaum, Pilztamari (eine dunkle Sojasauce mit intensivem
Umami) und gerösteten Buchweizen. Keine Frage, das war „ein kleines
Kunstwerk“, da stimme ich dem Tagesspiegel-Kritiker Felix Denk zu,
und es war natürlich auch eine geschmackliche Offenbarung.
Gang Nummer zwei (Grünkohl / Spitzkohl / Sonnenblumenkerne)
hielt, was Gang Nummer eins versprach. Geröstete Spitzkohlherzen,
frittierte Grünkohlblätter, schwarzer Rettich, mariniert
mit einem selbstverständlich selbst angesetzten Holunderblütenessig
sowie eine Creme aus gerösteten Sonnenblumenkernen und
Sonnenblumenkern-Miso – auch dieses Gericht steht gleichermaßen
für Essenz und Eigenheit wie für geschmackliche Klarheit.
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