Dissertationsschrift Denise Sommer „Nachrichten im Gespräch. Eine ...

Video 01/06, Beginn: 00:46:32, Ende: 00:56:57
Länge: 10:25 min = 625 sec
Gruppe 05200106FB
A männlich = Vp 10
B weiblich = Vp 9
Legende:
Großbuchstaben: für Namen der Sprecher (A/B) oder andere Personen (C …)
xxx: akustisch nicht verständlich
?: Unsicherheit über den transkribierten Begriff
#: Unterbrechung durch den Gesprächspartner
(in Klammern & kursiv): nonverbale Äußerungen
Sprechakt Sprecher Äußerung
Nr.
1 A Ich hab’ mir das jetzt mal überlegt, wenn die die so einladen …
2 B # Du sollst lauter reden
3 A (sehr laut): … wenn die die so einladen … (normal): nee, jetzt mal
ganz ehrlich. Meinste dat bringt wat, wenn die da alle kommen, und
vor allen Dingen, da steht wirklich jemand da vorne und predigt ja
und, gut … keine Ahnung …
4 B (lacht)
5 A (lacht) Nee, jetzt ma ganz ehrlich, überleg’ doch mal!
6 B Tschuldigung.
7 A Xxxxx … Nee, jetzt mal ganz ehrlich. Da kommt irgendjemand und
erzählt Dir, im Koran steht drin, dass die Religion darf nicht
aufgezwungen werden, es steht im Koran nicht drin, dass
irgendjemand getötet werden darf. Ich weiß nich also, ich glaub’ …,
ich weiß nich, ob mich das beruhigen würde.
8 B Naja, is auf jeden Fall nich schlecht, weil ja doch immer die Leute vor
das, vor dem auch Angst haben, was sie nicht kennen. Und da
können sie da mal reinschauen und können mal sehen, dass dort
nicht alle mit Waffen rumrennen und …
9 A Nee, is schon richtig, aber jetzt überleg’ doch mal, diesen Effekt, den
Effekt, den Du jeden Abend aus diesen Nachrichten hast. Sprich, da
siehst Du: islamische Selbstmordattentäter sprengen sich den Kopf
und Kinder in die Luft, keine Ahnung, irgendwelchen Anschlag von Al
Jazeera, nee, von, von, von …
10 B Al Quaida?
11 A … Al Quaida auf irgendwelche Moscheen. Jetzt mal ganz ehrlich, die
sprengen sich doch … also die sprengen erstens sich in die Luft und
noch ihre eigenen Glaubensbrüder. Jetzt mal ehrlich, das beruhigt
mich doch nich an ner Religion, wenn die noch nich mal stopp
machen vor ihren eigenen Leuten. Und vor allen Dingen, das
Interessante bei diesem Kopftuchstreit, was mir damals schon immer
durch den Kopf gegangen ist, is ja eben die Tatsache, wat für ne
Radikalität dahinter stecken muss, einfach jetzt, wenn die, wenn da
…, wenn die sagen, nee ich würde eher die ökonomische Sicherheit
meines Daseins oder sprich, meine Arbeit, aufgeben anstatt diesen,
diesem Dings.
12 B # Ja, das …
13 A ## Ja, meine Religion hat mich noch nie gefüttert!
14 B # Ja, das hat doch aber nichts mit Radikalität zu tun.
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15 A Natürlich! Meinst … ich glaub ….
16 B ## Nee! Wenn jemand ein Kreuz um den Hals trägt, dann ist das doch
nicht radikal, dann isser doch deswegen, oder?
17 A Nee, aber dieses Kreuz …
18 B # Und wahrscheinlich würde er auch nur … ein richtiger Christ würde
nie sein Kreuz, äh, abnehmen, äh … Meinste, der würde lieber sein
Kreuz abnehmen? Also …
19 A Also, ich bin mir da schon relativ sicher, also ich würde’s zumindest
denken. Jetzt mal, außer da spielen natürlich irgendwelche
sicherheitstechnischen Aspekte, zum Beispiel beim Dreh oder so, wo
Du, ich weiß nicht … Aber ansonsten, jetzt mal ganz ehrlich, so’n
Kopftuch ist doch’n Ausdruck von ner Religion, ein Ausdruck von ner
Haltung und wenn die das nicht zugunsten in Anführungsstrichen der,
sich, also doch, wie diese naja, ja, vielleicht nicht so übermäßig, aber
wenn die sich nicht unterordnen, ich weiß nich, also …
20 B Ja, bloß warum sollten sie sich unterordnen, findest Du das richtig,
findest Du das gut?
21 A Nee, na … da - unterordnen … ich weiß nich, ich find’ …, natürlich
find’ ich das nicht gut, weil die eine Dame, die hat schon gesagt …
das ist für sie … ist schon richtig, das ist ne Form von Einschränkung,
ich mein, aber die vertreten doch damit etwas nach außen, und das
ist irgendwie so, so dieses, dieses nicht mit sich reden lassen und
dieses, dieses komplette Uneinsichtige das ist für mich … eine Form
von Radikalität, auf jeden Fall, oder nicht?
22 B Also findest Du … findest Du, dass sie sich nicht wirklich integrieren,
nur weil sie nicht bereit sind, ihre Tradition abzulegen? Oder … is ja
schon ne Form von Tradition, is ja ooch’n Zwang, also Frauen,
natürlich gibt’s da diesen Streit, dass sie das ja freiwillig machen, um
sich halt auch vor den Blicken der Männer zu schützen oder wie auch
immer, aber letztendlich isses ja schon so, dass sie dort, also, sie
haben ja’n gewissen Zwang, und wenn sie das nicht mehr machen,
hat das ja auch Konsequenzen. Man sieht das ja an den Frauen, die
sich dagegen wehren und dann halt von der Familie verstoßen
werden oder da Prügel kriegen also ist es ja nicht so, dass es halt bei
denen so sein muss, und das ist ja auch ok – das wär’ ja genauso, als
wenn man sagen würde, keine Ahnung, hier dürfen Frauen keine
Hosen mehr anziehen oder irgendwie. Findste, also, ich, ich finde, ich
hab’ da kein Problem damit, ich finde, die können das machen. Also,
ich finde, ich würd’s auch nicht schlimm finden, wenn ne Lehrerin da
vorne steht und ein Kopftuch trägt, so lange, wie sie ihren Unterricht
so wertneutral und politisch neutral wie möglich …
23 A # Na, daran liegt es doch aber eben! Ich mein, diese, diese Kopftuch
…
24 B # Warum denn?
25 A # … na diese Kopftuchtradition is ne Form von Einstellung … ne Form
von relativ … von ner relativ gefestigten religiösen ideolo …
ideologischen Einstellung sprich, und, für mich, zumindestens damit
eben … ich verbinde dieses starke Sendungsbewusstsein. Die wollen,
die präsentieren sich ja nach außen. Die sind ja durchaus bewusst
der Tatsache, dass sie über dieses Kopftuch nach außen etwas
tragen. Und deswegen, weiß ich nicht, ob … ob es für uns genauso
einfach ist wie für sie, eben dieses Kopftuch von dem was da hinten
dran hängt, ich sag’ jetzt mal Rattenschwanz zu, das zu trennen.
Also, ich weiß … das ist natürlich schwierig, aber das kann eventuell
auch daran liegen, dass wir zu wenig Kontakt, beziehungsweise gar
keinen Kontakt mit Muslimen oder so haben.
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