Dissertationsschrift Denise Sommer „Nachrichten im Gespräch. Eine ...

wird, also ich finde halt auch, jeder sollte halt … ähm …
36 B Nein, nicht als, nicht als …
37 A # Meinste nicht, dass irgendjemand auf die Idee kommt, äh, Pulli mit
Streifen ist scheiße, jetzt darfst Du den nicht mehr anziehen. Also,
weißte so, jeder kann sich doch kleiden, wie er will!
38 B Nein, dann … dann sollen die Kinder zur Koranschule gehen, oder
besser, dann sollen sie … dann sollen sie … solche Schulen gibt’s ja
auch, nur für muslimische Kinder. Solche Koranschulen gibt’s auch.
Dann sollen sie dahin gehen!
39 A # … das was ich … was ich damit halt sagen will, dass ja, ähm, dass
dieses … dieses Kopftuch, diese Debatte überhaupt nur
aufgekommen ist, weil das Kopftuch halt ein religiöses Symbol ist.
Weißte, Armbanduhren sind kein religiöses Symbol, deswegen äh
unterhält sich da niemand drüber, weißte eigentlich ist ja ein Kopftuch
auch nichts anderes als ein Kleiderstück.
40 B Nein, es ist ein …
41 A # Doch.
42 B … es ist ein Symbol. Nein, das … das ist falsch. Das ist von der
Definition her falsch. Weil es wirklich ein religiöses, religiös behaftetes
Symbol ist. Das wär’ genau das Gleiche, der Vergleich ist meiner
Meinung nach ganz gut, es gibt zum Beispiel, in Hannover gibt’s halt,
also nicht nur in Hannover, es gibt halt auch katholische Schulen. Und
ich … ein Kumpel von mir war halt auch auf einer, und da haben
Nonnen unterrichtet. Das aber … da weiß man, was man hat, sag’ ich
jetzt mal so. Wenn Du Dich da … Dein Kind auf diese Schule
schickst, das ist ne katholische Schule, da hängt noch in jedem Raum
ein Kreuz und Bilder vom Papst, und da unterrichtet Dich ne Nonne in
… keine Ahnung … xxx … wie heißen die denn … wie heißt denn das
bei Nonnen … aber in dem Kostüm da …
43 A # ich weiß, was Du meinst.
44 B … Pinguinkostüm! Und, ähm, wenn muslimische Kinder auf eine
muslimisch geprägte Schule gehen, dann können die da auch von mir
aus fünf Kopftücher übereinander tragen, ist mir völlig egal. Aber so
lange es eine … eine … eine äh … eine staatliche Schule ist, wo alle
möglichen ethnischen Gruppen halt hingehen, hat es als Lehrkraft
absolut überhaupt nichts verloren. Dass irgendwie äh über dieses
Kopftuch irgendwas transportiert wird. Stell’ dir das mal vor, jetzt, gut,
klar, du kannst darüber diskutieren, in … wenn … wenn Du auf dem
Gymnasium bist, das ist … das ist eine Sache, da kannst Du … da
kann sie mit den Schülern reden und die fragen, „hey, warum haben
sie denn ein Kopftuch auf?“, und da sagt sie so, „ja, weil ich … weil
ich äh muslimischen Glaubens bin“, ok. Wenn Du das im Kindergarten
machst, so wie Annett ja jetzt zum Beispiel als Grundschullehrerin, da
führst Du die Kinder in ne bestimmte Richtung schon automatisch.
45 A Nee …
46 B # Doch.
47 A # Pass auf, also, meiner Meinung nach …
48 B Wie, nee? (lacht)
49 A … meiner Meinung nach ist es ähm total unerheblich, ob die Frau ein
Kopftuch trägt oder nicht, ja? Die kann meinetwegen auch vor den
Grundschülern sitzen und ein Kopftuch aufhaben, ja. So lange sie
nicht, ähm, irgendwie im Unterricht, ähm, irgendwie versucht die
Kinder, äh, die Kinder dahingehend zu beeinflussen, weißte, ich
meine … Stell’ Dir jetzt mal vor, da ist ne Klasse, ne
Grundschulklasse und die Lehrerin steht halt vorn und unterrichtet die
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Kinder Rechtschreibung und keine Ahnung, was. Genauso wie ne
andere normale Lehrerin ohne Kopftuch das auch tun würde.
50 B Nein.
51 A Da ist es doch scheißegal, ob die ein Kopftuch aufhat …
52 B ## Nein, absolut nicht!
53 A … ob die nen Pulli anhat, ob die Schuhe anhat, ist doch scheißegal …
54 B # Nein, ist es überhaupt nicht.
55 A … weil, sie bringt nichts von ihrem Glauben rüber. Weil, ich meine …
meinst Du, die Grundschulkinder mit sechs Jahren wissen, was das
heißt, wenn ne Frau ein Kopftuch aufhat?
56 B Nein, aber es hat … es hat was mit gewisser äh Moral- und
Normvermittlung, es geht … also so Grundwertvermittlung zu tun, äh
… wie war … ähm … wie hieß die Debatte … ach … bin ich jetzt
blöd? … Die Leitkultur! Dieser Begriff Leitkultur, der war ja auch sehr
stark in den Medien präsent. Ich finde diesen Begriff verdammt gut,
ich find’ der trifft den Nagel genau auf den Kopf. Ich bin der Meinung,
dass ne Leitkultur schon von Kindergartenbeinen an vermittelt werden
muss. Was das ist, ist natürlich ein verdammt schwammiger Begriff,
aber, ähm, wie man den vermittelt …
57 A # Was heißt denn hier … ich mein, Du kannst doch nicht sagen, hier,
dass das von Kindesbeinen an vermittelt wird, was meinst Du denn,
wie wir alle aufwachsen, also, ich meine, was meinst Du denn, was
uns vermittelt wurde, als wir klein waren? Das war doch auch unsere
Kultur, in der wir aufgewachsen sind.
58 B Ja, das wurde von den Eltern vermittelt.
59 A Ja, klar, ja.
60 B Nur die Schulen übernehmen immer mehr, und besonders halt an
irgendwelchen sozialen Brennpunkten übernehmen die Lehrer immer
mehr, ich … ich bekomm das ja alles mit durch, äh, durch die
Erzählungen, was Annett halt so sagt und so, ne und auch von den …
von den Kolleginnen von ihr. So, die Schulen übernehmen immer
mehr die Erziehungsperson … äh … position. Oder besser, die Lehrer
müssen halt sehr, sehr viel in der Grundschule besonders halt, an der
Erziehung mitwirken. Und wenn dann da so ne Tante mit nem
Kopftuch steht, also, weiß ich nicht, find’ ich absolut …
61 A # Die kann genauso gut pädagogisch wertvoll sein …
62 B # ja, natürlich … natürlich kann sie pädagogisch …
63 A # ...und die muss nicht ihren Glauben da in den Unterricht mit
einbringen.
64 B Mann, aber zum Beispiel möchte ich auch nicht, klar, das … das ist
das Ding beim Glauben. Aber ich möchte’ zum Beispiel auch nicht,
dass da irgend so ein versiffter Dreadlocks-Typ mit … mit
fünfunddreißig Gesichtspiercings meinem Kind Deutsch beibringt,
möchte’ ich auch nicht. So, das hat was bestimmt … mit bestimmten
…
65 A Ja, dann musst Du Deine Kinder später mal auf’s katholische
Nonnenkloster bringen.
66 B Nee, nee …
67 A # Da weißte, was Du hast.
68 B … ich würd’ meine Kinder auf ne Privatschule schicken …
69 A Ja.
70 B … wenn ich die Kohle hab’, ja. Das ist aber, das ist aber … das ist
aber haargenau die Sache, ich möchte halt nicht so’n verkifften Chiller
als … als Lehrer haben mit … mit Dreadlocks und zugepierct oder so,
ich möchte auch nicht irgendwie, also, klar, natürlich ist es … ist es
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