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Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben

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haftigkeit) entweder das eine oder das andere <strong>von</strong> zwei Geschlechtern (Dichotomizität). 75<br />

Beiträge der Geschlechter- und queeren Forschung (z. B. Butler 1991, 2001; Hark 2001) analy-<br />

sieren Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität als soziale Ordnungsmuster, die<br />

fortwährend interaktiv reproduziert werden (müssen).<br />

Auch die in medizinisch-psychologischen Modellen <strong>von</strong> Geschlecht und Geschlechtsidentität<br />

zugrunde gelegte Natürlichkeit „männlichen“ und „weiblichen“ Verhaltens und Empfindens<br />

stellt eine kulturell und historisch wandelbare soziale Konstruktion dar. 76<br />

Sozialwissenschaftler_innen analysieren, wie sich in komplexen Aushandlungsprozessen<br />

diagnostische Kategorien für Transgeschlechtlichkeit, trans* Selbstbeschreibungen sowie<br />

medizinische und juristische Praxen entwickeln (Lindemann 1993; Hirschauer 1999; Weiß<br />

2009). Geschlechtliche „Normalität“ werde dabei durch die Konstruktion und Regulierung<br />

<strong>von</strong> „Abweichungen“ hergestellt (Hirschauer 1999; Klöppel 2010). Zur Aufrechterhaltung<br />

der Norm trage deren Naturalisierung bei, d. h. der Umgang mit den sozial hergestellten<br />

Tatsachen des Geschlechts als seien diese natürlich, biologisch bedingt und objektiv überprüfbar.<br />

So würden medizinisch-psychologische Beiträge zur Geschlechternormierung in<br />

ihrer historischen und gesellschaftlichen Bedingtheit unsichtbar und stellten sich als<br />

objektive Analysen biologischer Gegebenheiten dar. Nach Butler gibt es jedoch keinen Blick<br />

auf Geschlecht, der nicht <strong>im</strong>mer schon sozial und kulturell vorgeprägt wäre. 77<br />

Medizin <strong>im</strong> Kontext sozialer Geschlechternormen<br />

Hirschauer (1999, 1997) problematisiert und ent-selbstverständlicht die historisch gewachsene<br />

medizinische Definitionsmacht über „abweichende“ Ausdrucksweisen <strong>von</strong> Geschlecht,<br />

die in Kooperation mit rechtlichen Maßnahmen den Umgang mit den Ausnahmen der<br />

zweigeschlechtlichen Ordnung regelt. 78<br />

Weiterhin wird deutlich, dass den trans* Patient_innen nicht nur die Rolle <strong>von</strong> Untersuchungsobjekten<br />

zukommt, sondern dass sie <strong>von</strong> Beginn an u. a. durch Wünsche und Forderungen<br />

nach medizinischen Behandlungen oder durch freiwillige Beteiligung an Forschung an der<br />

Herausbildung <strong>von</strong> Kategorien und Behandlungspraxen beteiligt waren und sind. 79<br />

Analysen der Konstruktion medizinisch-psychologischer und sozialer Geschlechternormen<br />

arbeiten auch die (Macht-)Strukturen heraus, innerhalb derer medizinisch-psychologische<br />

Diagnostik, Begutachtung und Behandlung sowie der juristische Umgang mit Transgeschlechtlichkeit<br />

stattfinden (Butler 2006; Ophelian 2009). Sozialwissenschaftliche Beiträge<br />

rücken Fragen der Selbstbest<strong>im</strong>mung, der Menschenrechte und des Schutzes <strong>von</strong> Trans*-<br />

Menschen vor individueller wie vor struktureller Diskr<strong>im</strong>inierung in den Blick, wie sie u. a.<br />

in medizinisch-psychologischen und juristischen Praxen begründet liegt. Nach Lindemann<br />

dient die standardisierte Begutachtung und Behandlung <strong>von</strong> <strong>Trans*Personen</strong> dem Zweck,<br />

die gesellschaftliche Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit aufrechtzuerhalten: Verhindert<br />

werde, dass der Körper einer Person nicht dem Geschlecht, in dem sie lebe, sondern dem<br />

75 Vgl. Hirschauer 1996, S. 243.<br />

76 Vgl. Villa 2001, S. 98 ff.<br />

77 Vgl. Butler 1991, S. 24.<br />

78 Vgl. auch Butler 2001. Weiterhin beleuchten medizinhistorische Analysen Zusammenhänge zwischen<br />

Forschung zu Hermaphroditismus/Intersexualität und der Entwicklung medizinischer und rechtlicher<br />

Kategorien für den Geschlechtswechsel (Klöppel 2010) sowie zur Pathologisierung und „Behandlung“ <strong>von</strong><br />

Homosexualität (Weiß 2009).<br />

79 Vgl. Weiß 2009, S. 177, S. 189; Bauer 2009, S. 14.<br />

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