Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben
Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben
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ninität bzw. Maskulinität stören würden, inklusive Homosexualität oder befriedigender<br />
Sexualität <strong>im</strong> nicht veränderten Körper. 129 Trans*Menschen selbst beschreiben dagegen ein<br />
breites Spektrum ihrer Sexualitäten und Umgangsweisen mit ihren Körpern. 130<br />
Nach de Silva gehen die Anforderungen <strong>von</strong> Sachverständigen regelmäßig über das TSG<br />
hinaus, indem subjektive Kriterien an die Geschlechterrolle <strong>von</strong> Trans*Menschen quasi<br />
rechtlichen Status erlangen. 131<br />
Lindemann kritisiert, dass der Zwang zur weitestgehenden operativen Geschlechtsangleichung<br />
und zur Unfruchtbarkeit für die Änderung des Geschlechtseintrags die Norm<br />
der Geschlechterpolarität auf Kosten der Selbstbest<strong>im</strong>mung <strong>von</strong> Trans*Menschen wahrten.<br />
132 De Silva argumentiert, die Verknüpfung des Personenstands mit körperlichen Merkmalen<br />
und der daraus resultierende Operations- und Unfruchtbarkeitszwang des TSG seien<br />
verfassungswidrig, da sie gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit verstießen. 133<br />
Zurzeit sind Klagen gegen diese Vorschrift des TSG anhängig. 134 Auch die Regelung des TSG,<br />
eine Vornamensänderung abzuerkennen, wenn die betreffende Person sich fortpflanzt,<br />
halte eine restriktive Geschlechterordnung aufrecht, in deren Logik es unbedingt zu verhindern<br />
sei, dass Transmänner Kinder gebären bzw. Transfrauen Kinder zeugen. 135<br />
Singer (2006) analysiert Zusammenhänge zwischen Normen „schöner“ und „gesunder“ Körper<br />
und dem medizinischen Umgang mit Trans*Menschen. Der objektivierende Blick auf<br />
„abweichende“ Körper trage dazu bei, dass Ärzt_innen nicht in der Lage seien, die Vielfalt<br />
<strong>von</strong> trans* Körpern und Identitäten wahrzunehmen. Dies und ihre häufig verunsicherte<br />
und überforderte emotionale Reaktion führe oft zu schlechter medizinischer Versorgung<br />
<strong>von</strong> Trans*Menschen. 136<br />
Die Verweigerung einer rechtlichen Anerkennung <strong>von</strong> Identitäten, die sich nicht als entweder<br />
männlich oder weiblich kategorisieren lassen (vgl. Säfken 2008), klassifiziert die Existenz<br />
der betreffenden Menschen als „unmöglich“, verbannt sie in die Unsichtbarkeit und<br />
hindert sie an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit. 137 Die medizinische Definitionshoheit<br />
über die Anerkennung der geschlechtlichen Ausdrucksweise <strong>von</strong> Trans*Menschen<br />
stellt eine Quelle machtvoller struktureller Diskr<strong>im</strong>inierung dar.<br />
Um Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>von</strong> trans- und intergeschlechtlichen Menschen benennen und erfassen<br />
zu können, wird <strong>im</strong> englischsprachigen Raum häufig neben der Kategorie der geschlechtlichen<br />
Identität der Begriff gender expression (Geschlechtsausdruck) verwendet.<br />
129 Vgl. Spade 2006, S. 326; vgl. auch Cromwell 2006, S. 511 ff.; Bauer 2009, S. 16 ff., S. 21. Bauer beschreibt den<br />
gutachterlichen Blick auf <strong>Trans*Personen</strong> als potenzielle Betrüger_innen als „Bestandteil transphober<br />
Logik“: „Die Angst, ‚unechte‘ Transsexuelle könnten das System der Zweigeschlechtlichkeit illegit<strong>im</strong>erweise<br />
umgehen, kommt in den Versuchen der Gutachter/innen, dies zu verhindern, <strong>im</strong>mer wieder zum Vorschein.<br />
Das verdeutlicht wiederum ihre Funktion als Wächter/innen über die gesellschaftliche Norm der Zweigeschlechtlichkeit,<br />
bzw. deren Erhalt.“ (Bauer 2009, S. 19). Zur Diskussion um Heteronormativität und strukturelle<br />
Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>im</strong> TSG vgl. auch Koch-Rein 2006.<br />
130 Vgl. Cromwell 2006, S. 515. Vgl. auch Diamond 2004, für eine trans*weibliche Perspektive Wilchins 1997.<br />
131 Vgl. de Silva 2005, S. 266.<br />
132 Vgl. Lindemann 1997, S. 324.<br />
133 Vgl. de Silva 2005, S. 265; vgl. Schenk 2007.<br />
134 Vgl. Arbeitskreis „Personenstandsänderung ohne OP“, http://www.transinterqueer.org/index.php/gruppen/<br />
ak-personenstandsanderung-ohne-ops.html.<br />
135 Vgl. de Silva, S. 261, dort auch Fußnote 6.<br />
136 Vgl. Singer 2006, S. 615 ff., S. 601.<br />
137 Vgl. de Silva 2005, S. 265. Çınar/Strähle (2010) beschreiben, wie durch die (interaktive) Vergeschlechtlichung <strong>von</strong><br />
(Arbeits-)Räumen unsichtbare Positionen der Zugehörigkeit und des Ausschlusses entstehen (vgl. ebd., S. 54).<br />
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