Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben
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öffentlichen Sektor Maßnahmen entwickeln und <strong>im</strong>plementieren, die Trans*Menschen<br />
wirksam vor Diskr<strong>im</strong>inierung schützen und neben dem Zugang zur Erwerbsarbeit auch<br />
diskr<strong>im</strong>inierungsfreie Arbeitsbedingungen gewährleisten. 312<br />
2.2 Europäische Union: europarechtliche Vorgaben und<br />
Rechtsprechung des EuGH<br />
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Diskr<strong>im</strong>inierung aufgrund <strong>von</strong> Transsexualität<br />
eine Diskr<strong>im</strong>inierung aufgrund des „Geschlechts“, so die Leitentscheidung zur Transsexualität<br />
in der Rechtssache C-13/94 (P/S) 313 <strong>im</strong> Jahr 1996. In der Entscheidung ging es um die<br />
Entlassung einer transsexuellen Person aus einem Arbeitsverhältnis aufgrund einer Geschlechtsanpassung.<br />
Der EuGH sah die Geschlechtsanpassung als vom Diskr<strong>im</strong>inierungsschutz<br />
aufgrund des „Geschlechts“ aus der Richtlinie 76/207/EWG geschützt: „Da nämlich<br />
das Recht, nicht aufgrund des Geschlechts diskr<strong>im</strong>iniert zu werden, eines der Grundrechte<br />
des Menschen darstellt, kann der Anwendungsbereich der Richtlinie nicht auf die Diskr<strong>im</strong>inierungen<br />
beschränkt werden, die sich aus der Zugehörigkeit zu dem einen oder dem<br />
anderen Geschlecht ergeben. Er hat sich auch auf die Diskr<strong>im</strong>inierungen zu erstrecken, die<br />
ihre Ursache in der Geschlechtsumwandlung haben, da diese Diskr<strong>im</strong>inierungen hauptsächlich,<br />
wenn nicht ausschließlich, auf dem Geschlecht des Betroffenen beruhen.“ 314 Die<br />
Entscheidung des EuGH kann als „Schritt zu einer breiten Auffassung des Begriffs Geschlecht<br />
<strong>im</strong> Gleichheitsrecht“ 315 auf EU-Ebene interpretiert werden und wird als Leitsatz bei der Auslegung<br />
außerhalb der in der Entscheidung relevanten Richtlinie 76/207/EWG verstanden.<br />
In der Rechtssache C-177/01 (K.B.) klärte der EuGH neben dem Anspruch auf Hinterbliebenenrente<br />
aus betrieblichen Systemen der sozialen Sicherung, dass die Entgeltgleichheitsrichtlinie<br />
75/117/EWG und Art. 141 EGV für transsexuelle Menschen unter dem „Merkmal“ des „Geschlechts“<br />
anwendbar sind, und bestätigte insoweit seine frühere Rechtsprechung. 316 Des<br />
Weiteren entschied der EuGH in der Rechtssache C-423/04 (Richards), in der es um die Gewährung<br />
einer Altersrente einer Mann-zu-Frau-Transsexuellen ab ihrem 60. Lebensjahr<br />
ging, dass auch in den gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherung der Grundsatz der<br />
Geschlechtergleichbehandlung <strong>im</strong> Falle einer Geschlechtsumwandlung gilt. 317<br />
Bislang beschränkt sich die Rechtsprechung des EuGH zum Diskr<strong>im</strong>inierungsschutz <strong>im</strong><br />
Bereich <strong>von</strong> Trans* auf Fälle, in denen sich eine Trans*Person einer operativen Geschlechtsanpassung<br />
unterzogen hatte oder kurz davor stand. Nicht entschieden hat der EuGH über<br />
Fälle, in denen eine Trans*Person, die keine operative Geschlechtsanpassung anstrebte,<br />
312 Ebd.<br />
313 EuGH 30.04.1996, C-13/94 (P. vs. S.& Cornwall County), Slg. 1996, I-2159, Rn. 20–22.<br />
314 EuGH 30.04.1996, C-13/94 (P. vs. S.& Cornwall County), Slg. 1996, I-2159, Rn. 21 f. In den Schlussanträgen hatte<br />
auch der Generalanwalt Tesauro dies entsprechend begründet: „Denn solche Diskr<strong>im</strong>inierungen beruhen<br />
hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, auf dem Geschlecht des Betroffenen. Wenn also eine Person entlassen<br />
wird, weil sie beabsichtigt, sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen, oder sich ihr bereits<br />
unterzogen hat, wird sie <strong>im</strong> Vergleich zu den Angehörigen des Geschlechts, dem sie vor dieser Operation<br />
zugerechnet wurde, schlechter behandelt. Würde eine solche Diskr<strong>im</strong>inierung toleriert, so liefe dies darauf<br />
hinaus, dass gegenüber einer solchen Person gegen die Achtung der Würde und der Freiheit verstoßen<br />
würde, auf die sie Anspruch hat und die der Gerichtshof schützen muss.“ EuGH 30.04.1996, C-13/94 (P. vs. S.&<br />
Cornwall County), Slg. 1996, I-2159, Rn. 21, 22.<br />
315 Holzleithner 2002, S. 139, 142.<br />
316 EuGH 07.01.2004, C-177/01 (K.B.), Slg. I-541.<br />
317 EuGH 27.04.2006, C-423/04 (Richards), Slg. I-3585.<br />
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