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Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben

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In den Landesverfassungen <strong>von</strong> Bremen (Art. 2 II BremVerf), Brandenburg (Art. 12 II<br />

BgbVerf) und Berlin (Art. 10 II BerlVerf) findet sich ausdrücklich der Schutz der „sexuellen<br />

Identität“, auf den sich u. a. transsexuelle Menschen beziehen können. 327 Das BVerfG hat <strong>im</strong><br />

Jahr 1978 das erste Mal ausdrücklich über das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die<br />

Menschenwürdegarantie transsexueller Menschen entschieden, als es die Berichtigung<br />

des Geschlechtseintrags <strong>im</strong> Geburtenbuch aufgrund Art. 1 I GG und Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG<br />

als geboten ansah, wenn es sich um einen irreversiblen Fall <strong>von</strong> Transsexualität handelt<br />

und eine geschlechtsanpassende Operation durchgeführt wurde. 328 Diesen grundrechtlichen<br />

Schutz hat das BVerfG in den darauf folgenden Entscheidungen zu Transsexualität<br />

<strong>im</strong>mer wieder bestätigt. 329 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht i. S. v. Art. 2 I GG i. V. m.<br />

Art. 1 I GG beinhaltet danach u. a. den Schutz des Namensrechts als Mittel der Identitätsfindung<br />

und Entwicklung der eigenen Individualität 330 als auch den Schutz der Int<strong>im</strong>sphäre,<br />

„der die sexuelle Selbstbest<strong>im</strong>mung des Menschen und damit das Finden und Erkennen der<br />

eigenen geschlechtlichen Identität sowie der eigenen sexuellen Orientierung“ umfasst. 331<br />

In der jüngsten Entscheidung des BVerfG <strong>im</strong> Bereich <strong>von</strong> Transsexualität aus dem Jahr 2008<br />

entschied das Gericht über die Frage nach der Verfassungswidrigkeit des Erfordernisses der<br />

Ehelosigkeit als Voraussetzung für die rechtliche Anerkennung des durch operativen Eingriff<br />

geänderten Geschlechts (§ 8 I Nr. 2 TSG) einer verheirateten Mann-zu-Frau-Transsexuellen.<br />

Bei der Abwägung des gesetzgeberischen Interesses am Erhalt des Instituts der Ehe<br />

als Vereinigung <strong>von</strong> Mann und Frau mit dem Interesse des transsexuellen Ehepartners, der<br />

sich nunmehr als Frau definiert und trotz operativer Geschlechtsanpassung an der Ehe<br />

festhalten wollte, war für die Gewichtung beider Interessen das Zusammenspiel <strong>von</strong> Art. 6<br />

I GG mit Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG und die Bedeutung des hierdurch geschützten Rechts auf<br />

Anerkennung der selbst best<strong>im</strong>mten geschlechtlichen Identität entscheidend. 332 Insoweit<br />

sei § 8 I Nr. 2 TSG nicht vereinbar mit Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG und Art. 6 I GG. 333<br />

2.4 Einfachgesetzliches Antidiskr<strong>im</strong>inierungsrecht<br />

Das „Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit<br />

in besonderen Fällen“, das sog. Transsexuellengesetz (TSG) regelt die Bedingungen<br />

der Änderung des Vornamens und des Wechsels der Geschlechtszugehörigkeit. Es versteht<br />

sich als Antidiskr<strong>im</strong>inierungsmaßnahme. So wurde in den Beratungen zu dem Gesetz<br />

explizit auf die vielfältigen Diskr<strong>im</strong>inierungslagen transsexueller Menschen verwiesen,<br />

welche „bei der Wohnungssuche, bei der Arbeitsplatzsuche, be<strong>im</strong> Abschluss <strong>von</strong> Verträgen, be<strong>im</strong><br />

Grenzübertritt und sonstigen Behördenkontakten unsagbare Schwierigkeiten“ hätten. 334 Das<br />

TSG geht dabei (weiterhin) <strong>von</strong> dem „Prinzip der Geschlechtsoffenkundigkeit“ aus und sieht<br />

grundsätzlich eine Zweiteilung des Verfahrens vor335 : An erster Stelle steht eine Vorna-<br />

327 Siehe Überblick und Vergleich der Landesverfassungen hinsichtlich des Schutzes der „sexuellen Identität“,<br />

Stellungnahme <strong>von</strong> Prof. Bernd Grzeszick zu den Entwürfen eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes<br />

(Art. 3 Absatz 3 Satz 1) – BT-Drs. 17/88, 17/254 und 17/472, Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages<br />

am 21.04.2010, S. 12 f. Die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN, die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE<br />

LINKE haben in der 17. Legislaturperiode in den Bundestag einen Antrag auf ein Grundrecht auf Gleichheit<br />

hinsichtlich der sexuellen Identität in Art. 3 III Satz 1 GG eingebracht.<br />

328 BVerfG, Besch. v. 11.10.1978 (1BvR 16/72), BVerfGE 49, S. 286.<br />

329 Vgl. BVerfGE 60, S. 123; BVerfGE 88, S. 87; BVerfG NJW 1997, S. 1.632;<br />

330 BVerfGE 115, S. 1.<br />

331 BVerfGE 49, S. 286, 298: BVerfGE 115, S. 1, 14.<br />

332 BVerfG, Beschl. v. 27.05.2008 – 1 BvL 10/05 (Juris), Rn. 62 f., 65.<br />

333 Ebd. Rn. 36.<br />

334 Zitiert in: NJW 1991, S. 2.724.<br />

335 Vgl. Grünberger 2008, S. 89.<br />

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