Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur (KJL ... - hannahdenker.de
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Bösartigkeit <strong>und</strong> Rachsucht <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemahlin durch eine Anspielung auf die griechische<br />
Mythologie dar.<br />
Figurenanalyse<br />
Märchen sind oft durch Gegensätze gekennzeichnet, die ein Licht auf die Intention <strong>de</strong>s Textes<br />
werfen. Diese Gegensätze wer<strong>de</strong>n häufig anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> Figuren plastisch <strong>de</strong>utlich. Deshalb ist<br />
eine Figurenanalyse zum Verständnis <strong>de</strong>s Inhaltes eines Märchens hilfreich (vgl. Saupe 2006:<br />
62). Die Handlungsanalyse hat außer<strong>de</strong>m gezeigt, dass die Metaphern in „Sonne, Mond <strong>und</strong><br />
Talia“ sich z.T direkt auf Figuren beziehen <strong>und</strong> somit eine nähere Analyse <strong><strong>de</strong>r</strong> Figuren für das<br />
Verständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Geschichte</strong> nahe legen.<br />
Wenn die Komplikation aus Sicht von Dornröschens Familie betrachtet wird, dann stellen<br />
diese Figuren die Hel<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Erzählung dar. Die Gegenspielerin ist dann die dreizehnte weise<br />
Frau, während <strong><strong>de</strong>r</strong> König ein erfolgloser Helfer <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Königssohn ein erfolgreicher Helfer<br />
ist (vgl. Saupe 2006: 67). In „Sonne, Mond <strong>und</strong> Talia“ (Basile 1991) stellen entsprechend <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Komplikationshandlung Talia <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> verheiratete König die Protagonisten dar. Die<br />
rachsüchtige Gemahlin ist dann die Gegenspielerin. Die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> können in ihrer Rolle als<br />
Lebensretter als Helferfiguren bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Es zeigt sich die Simplifizierung <strong>de</strong>s Dornröschen-Märchens im Vergleich zur Fassung von<br />
Basile: Die Figuren sind durch klare Oppositionsbil<strong><strong>de</strong>r</strong> gekennzeichnet: alt-jung, weiblich-<br />
männlich, hoher Stand – (relativ) niedriger Stand (weise Frau), planerisch-unbedacht, gut-<br />
böse. Dabei steht – hier nur exemplarisch genannt – v.a. die schöne, reine, tugendhaft-<br />
sittsame <strong>und</strong> unbedarfte Dornröschen, sozusagen die Unschuld in Person, <strong><strong>de</strong>r</strong> rachsüchtig-<br />
neidisch-verletzten dreizehnten Fee gegenüber. Die Figurenkonzeption in Grimms<br />
„Dornröschen“ ist zweifellos statisch, d.h. nach Stückrath (2001: 16) die Figuren machen<br />
keine Entwicklungsprozesse durch. Hier wie<strong><strong>de</strong>r</strong> exemplarisch an <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptfigur Dornröschen<br />
aufzeigbar: sie ist schön, tugendhaft <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich vom Anfang bis zum glücklichen<br />
Ausgang. Zu<strong>de</strong>m sind die Figuren märchentypisch eindimensional gestaltet, d.h. im Sinne<br />
Stückrath (2001: 16), dass sie keine Ambivalenzen, innere Brüche o<strong><strong>de</strong>r</strong> komplexe Merkmale<br />
aufweisen. Dies zeigt sich auch darin, dass sie als Personen gar nicht in <strong>de</strong>n Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>gr<strong>und</strong><br />
treten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n lediglich als Träger von festen Rollen auftreten (König, Königin,<br />
Königstochter, Jüngling, ...). Die einzige Ausnahme stellt die nicht direkt im Text benannte<br />
Naivität Dornröschens dar, die sich nur durch Inferenzbildung erschließen lässt. Die Figuren<br />
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