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Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur (KJL ... - hannahdenker.de

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Zurückgezogenheit repräsentieren. Bei<strong>de</strong> Märchen folgen einer chronologischen<br />

Ereignisfolge, wobei bei<strong>de</strong> märchentypisch einen unbestimmten Zeitpunkt wählen. Eine<br />

Differenz ist allerdings auffällig: In „Sonne, Mond <strong>und</strong> Talia“ wird eine einzeige Zeitspanne<br />

genau benannt: die 9 Monate bis zu Geburt, während dies in „Dornröschen“ nur zaghaft<br />

ange<strong>de</strong>utet wird mit <strong>de</strong>m Hinweis auf die Zeitspanne bis zur Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>kunft <strong><strong>de</strong>r</strong> Königin.<br />

Vergleichen<strong>de</strong>s Fazit<br />

Insgesamt weist die Handlungsanalyse <strong>und</strong> die Figurenanalyse auf märchentypische<br />

Gemeinsamkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Texte hin <strong>und</strong> zeigt gleichsam zwei zentrale Unterschie<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Märchen auf:<br />

Zum einen unterschei<strong>de</strong>n sie sich gr<strong>und</strong>legend in ihren moralischen Implikationen. Grimms<br />

„Dornröschen“ läuft auf die Lenkung <strong>de</strong>s Lebens durch höhere Mächte hinaus, auf die<br />

unvermeidliche Reifung eines adoleszenten Kin<strong>de</strong>s hin zu einer jungen, geschlechtsreifen<br />

Frau, <strong>de</strong>nen auch durch menschliche Eingriffe nicht entgegengewirkt wer<strong>de</strong>n kann, während<br />

Bailes „Sonne, Mond <strong>und</strong> Talia“ aufzeigt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Versuch, an<strong><strong>de</strong>r</strong>en zu scha<strong>de</strong>n, einen selbst<br />

ins Unglück stürzt.<br />

Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en – <strong>und</strong> darin kann man <strong>de</strong>n Beleg <strong><strong>de</strong>r</strong> eingangs aufgestellten These, dass im Zuge<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Hochromantik die Stoffe kindgerecht zugeschnitten wur<strong>de</strong>n, sehen – wer<strong>de</strong>n in „Sonne,<br />

Mond <strong>und</strong> Talia“ Themen wie Sexualität, Schwangerschaft, Geburt, Ehebruch <strong>und</strong> Gewalt<br />

dargestellt, wohingegen „Dornröschen“ nur durch einen keuschen Kuss wie<strong><strong>de</strong>r</strong>erwacht. Als<br />

weiterer Hinweis für die These darf auch gelten, dass die Komplexität <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprache<br />

(Metaphern, Anspielungen) in „Sonne, Mond <strong>und</strong> Talia“ in „Dornröschen“ verringert wer<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> auf einfache, bekannte Symbole reduziert wer<strong>de</strong>n.<br />

Es lässt sich also textimanent belegen, dass die Modifikation <strong>de</strong>s Stoffes durch die Brü<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Grimm eine Adaption an (vermeintliche) kindliche Bedürfnisse <strong>und</strong> pädagogische<br />

Moralvorstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Hochromantik darstellen. Eine <strong>de</strong>utliche Vertiefung wür<strong>de</strong> diese These<br />

durch eine weitere Analyse historischer Quellen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Hochromantik <strong>und</strong> weiterer<br />

Textexterne Quellen erfahren.<br />

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