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Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur (KJL ... - hannahdenker.de

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kleine Mädchen namens Juanita lebt in einem Bergdorf, <strong>de</strong>ssen Haus, so „grau wie die<br />

Steine“ (Wölfel 2004: 11) ist. Ihr Lebens(um)feld erinnert an <strong>de</strong>n Bau <strong><strong>de</strong>r</strong> Städte in Michael<br />

En<strong>de</strong>s (2004) Roman Momo (vgl. auch Karst 1999: 25). Die mit Grau assoziierte Stimmung<br />

von Trauer, Pessimismus <strong>und</strong> Depressivität wird durch die Wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> mit ihnen beschrieben<br />

Objekte noch verstärkt: „grau von Staub <strong>und</strong> Steinen“ (Wölfel 2004: 11), <strong>und</strong> „grau[e]<br />

Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>“ (ebd.: 14). Das Grau steht in Verbindung mit Trockenheit, Dürre <strong>und</strong> Durst, also mit<br />

Attributen einer lebensfeindlichen Umwelt. Dem stehen die grünen Fel<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s reichen,<br />

gebil<strong>de</strong>ten Talmädchens gegenüber: Ihre Welt ist von sauberen, weißen Mauern umgeben, die<br />

sie vor <strong>de</strong>m Ungemach <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt beschützen. Der Bo<strong>de</strong>n, auf <strong>de</strong>m sie geht, ist grün,<br />

„fruchtbar <strong>und</strong> saftig“ (ebd.: 12), er ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, <strong>de</strong>n (Lebens-)Durst zu stillen, was mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wassersymbolik allegorisch ver<strong>de</strong>utlicht wird. Karst (1999: 25) pointiert: „Grün meint Leben,<br />

Zuversicht, Hoffnung, Zukunftserwartung“. Er verweist aber auch darauf, dass das<br />

Oppositionspaar, grau <strong>und</strong> grün, nicht die gleiche harte Kontrastierung aufweist, wie dies die<br />

F<strong>und</strong>amentalopposition - schwarz <strong>und</strong> weiß - tut (vgl. ebd.: 26). Grau ist ein Zwischenstadium<br />

<strong>und</strong> lässt damit Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu.<br />

Aber auch die räumlichen Oppositionen verweisen auf Tiefenschichten <strong><strong>de</strong>r</strong> Kurzgeschichte:<br />

Die Armen, Ungebil<strong>de</strong>ten leben auf einem unwirtlichen Berg, also hoch oben, während die<br />

weiße (sic!) gesellschaftliche Herrschaftsschicht im ertragreichen Tal, also tief unten lebt. Die<br />

Lebensräume sind örtlich getrennt. Dieses polare Spannungsverhältnis wird auch durch die<br />

bei<strong>de</strong>n gleichnamigen Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>figuren repräsentiert: In <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Begegnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Protagonisten<br />

im Rahmen einer Art Mauerschau erkennt das arme Mädchen ihr entferntes Gegenüber als<br />

„schön“ (Wölfel 2004: 13) <strong>und</strong> betont dabei das „feine[ ] Kleid“ (ebd.). Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> zweiten<br />

Begegnung verkehren sich diese Verhältnisse. Jetzt ist es an <strong><strong>de</strong>r</strong> gutbetuchten Juanita, ihre<br />

Namensvetterin als „[h]übsches Mädchen“ (ebd.) wahrzunehmen. Sie nimmt an, dass das<br />

Mädchen „schmutzig“ (ebd.) sei, <strong>und</strong> verkennt dabei, dass es lediglich die verwaschenen<br />

Farben sind, die die Kleidung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s haben grau wer<strong>de</strong>n lassen <strong>und</strong> sich damit beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> dominanten Farbe ihrer „rote[n] Reithose“ (ebd.) abheben. Diese Figurenspiegelung<br />

<strong>de</strong>utet an, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterschied nicht in <strong>de</strong>n Personen, <strong>de</strong>n Individuen selbst liegt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

durch gesellschaftliche Verhältnisse bedingt ist (vgl. Karst 1999: 32). Die reiche Juanita, als<br />

Repräsentant einer gehobenen Gesellschaftsschicht, hebt sich räumlich auch dadurch von <strong>de</strong>m<br />

Bauernmädchen ab, dass sie <strong>de</strong>n Luxus genießen darf, immer zu sitzen: auf einer Schaukel,<br />

hoch zu Ross o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Auto (vgl. Wölfel 2004: 13, 18; Karst 199: 32). Diese Orte<br />

symbolisieren sowohl finanziell als auch räumlich – immer sehen sich die bei<strong>de</strong>n nur aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

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