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Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur (KJL ... - hannahdenker.de

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männliche Verkäufer (vgl. ebd: 18ff), die sich zu folgen<strong>de</strong>n Äußerungen hinreißen lassen:<br />

„Einer Sie gehört das elen<strong>de</strong> Haus? (…) Weibsleute verstehen ja nichts von Geschäften“<br />

(ebd.: 18). Damit kann Pippi für bei<strong>de</strong> Geschlechter zu ich-stärken<strong>de</strong>n Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>büchern (vgl.<br />

Tabbert 2005: 198) gerechnet wer<strong>de</strong>n, die sich nicht durch - von Erwachsenen gesetzte -<br />

Rollenklischees beirren lassen. Auch hier bil<strong>de</strong>n Annika <strong>und</strong> Thomas einen starken Kontrast<br />

zur androgynen Pippi. Sie entsprechen in ausgeprägtem Maße <strong>de</strong>n klassischen<br />

Rollenerwartungen. Annika ist das ängstliche Mädchen, das von ihrem Bru<strong><strong>de</strong>r</strong> beschützt<br />

wer<strong>de</strong>n muss. Auch die Figur Pippi erkennt diese Verhaltensweisen <strong>und</strong> gibt <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

entsprechend rollenkonforme Geschenke: Thomas bekommt einen Dolch – Psychoanalytiker<br />

hätten ihre helle Freu<strong>de</strong> daran – <strong>und</strong> Annika bekommt ein kleines Schmuckkästchen mit<br />

einem grünen Ring (vgl. Lindgren 1967: 20).<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechterfrage greift Lindgren ein weiteres politisches Thema auf, das<br />

ebenfalls durch die Konstruktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Figur motiviert ist. Die Behandlung von farbigen<br />

Untertanen verweist auf <strong>de</strong>n Bereich allgemeiner Menschenfre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> zeigt Ansätze<br />

politischen Denkens (vgl. Cromme 1996: 313). „Aus irgen<strong>de</strong>inem unbegreiflichen Gr<strong>und</strong><br />

bil<strong>de</strong>ten sie [die Taka-Tuka-Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>, Anmerk. <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfasserin] sich ein, dass weiße Haut viel<br />

feiner sei als schwarze (…)“ (Lindgren 1986: 103) <strong>und</strong> die autarke Pippi braucht keine<br />

solchen Huldigungen <strong>und</strong> verzichtet auf <strong>de</strong>n Thron (vgl. ebd.: 105).<br />

Schlusswort zum Menschen- <strong>und</strong> Weltbild<br />

Die Autorin gibt auf die eingangs gestellte Frage, wie die Protagonistin angelegt ist, selbst<br />

eine <strong>de</strong>utliche Antwort: „Pippi Langstrumpf ist (…) ein kleiner Übermensch in kindlicher<br />

Gestalt, angesie<strong>de</strong>lt in einem ganz normalen Umfeld“ (Brief Astrid Lindgrens an <strong>de</strong>n<br />

schwedischen Verlag Bonniers 1944, zitiert nach L<strong>und</strong>qvist 2007: 35). Lindgren nutzt<br />

phantastische Elemente, um ein androgynes Mädchen zu konstruieren, die ohne Autoritäten<br />

<strong>und</strong> Erwachsenenormen auskommt <strong>und</strong> nach <strong>de</strong>m reinen Lustprinzip zu leben versteht. Dabei<br />

nutzt sie romantische Elemente, um kindlichen Lesern eine „kindliche Lustlektüre“ (Graf<br />

1995: 108), also ein i<strong>de</strong>ntifikatorisches Lesen, zu ermöglichen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> kindliche<br />

Allmachtsphantasien zur Romanrealität wer<strong>de</strong>n. Gleichzeit ermöglicht die Autorin durch<br />

ihren auktorialen Er-Erzähler (vgl. Petersen 1989: 18) <strong>und</strong> seine zum Teil werten<strong>de</strong>n<br />

Kommentare sowie die komischen Elemente in <strong><strong>de</strong>r</strong> Figurenkonstruktion <strong>de</strong>m jungen Leser<br />

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