Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur (KJL ... - hannahdenker.de
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ergreifen zu können. (Vgl. ebd.) Die Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> Grimm gingen dagegen davon aus, dass<br />
zwischen Volks- <strong>und</strong> Naturpoesie <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Kunstpoesie eine unüberwindbare Kluft bestehe<br />
<strong>und</strong> nur jene Elemente unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t übernommen wer<strong>de</strong>n sollten, die sich durch eine<br />
mythische Herkunft a<strong>de</strong>ln. Für Jacob Grimm konnte nur eine gemeinsam erschaffene<br />
Volkspoesie <strong><strong>de</strong>r</strong> mythischen Urzeiten als Dichtung <strong>de</strong>s Absoluten gelten <strong>und</strong> war <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
archivaischen Veröffentlichung <strong>und</strong> Restauration würdig. (Vgl. ebd.: 110ff)<br />
Bezogen auf Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>literatur eröffnete die romantische Epoche neue Welten, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e auf<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>lyrik. Die aufgeklärte Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>literatur mit ihren didaktischen Motiven<br />
hatte diese Gattung gering geachtet, die romantische Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>literatur eröffnete mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>s volkstümlichen Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>reims einen ganzen „lyrischen Kosmos“ (Ewers<br />
2002: 117). Die funktionale Vielfalt wirkte dabei gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> aufklärerischen Einengung<br />
als eine Art Befreiung (ebd.).<br />
Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Erstveröffentlichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- <strong>und</strong> Hausmärchen (1812/1815) <strong><strong>de</strong>r</strong> Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> Grimm<br />
wer<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong>en drei gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong>n For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an eine Naturpoesie <strong>de</strong>utlich: es dürfen keine<br />
mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen, märchenfrem<strong>de</strong>n Elemente eingefügt wer<strong>de</strong>n, die märchentypischen<br />
Handlungsschemata <strong><strong>de</strong>r</strong> Einfachheit müssen respektiert <strong>und</strong> erhalten wer<strong>de</strong>n, die Erzählung<br />
darf nicht zum Selbstzweck wer<strong>de</strong>n. Innerhalb dieses Rahmens dürfen dieselben Märchen<br />
allerdings unterschiedlich erzählt wer<strong>de</strong>n. (Vgl. Ewers 2002: 118) Die Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> Grimm sehen<br />
in dieser Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>belebung von Märchen eine Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>wahrheit erwachsen, die sich<br />
durch <strong>de</strong>n „Geist <strong>de</strong>s Ganzen“ (ebd.) auszeichnet <strong>und</strong> noch keine Individualisierung <strong>und</strong><br />
Vereinzelung kennt. Hier zeigt sich die romantische Auffassung vom heiligen Kind: das Kind<br />
ist mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirklichkeit noch wenig vertraut <strong>und</strong> ist seinem inneren Reichtum näher als <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erwachsene. Diese „>>selige