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72 Recht_Urteilsdienst<br />
Urteil <strong>de</strong>s monats<br />
Befristungsrecht: Die magische 13 ist nur ein Indiz<br />
Kettenbefristungen sind nicht generell<br />
unwirksam. Sie können jedoch ab einer<br />
bestimmten Häufung und Gesamtdauer<br />
einer Missbrauchskontrolle zum Opfer<br />
fallen. Diese sieht das Bun<strong>de</strong>sarbeitsge-<br />
Der Entscheidung liegt ein langjähriger Rechtsstreit zugrun<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n<br />
eine Schreibangestellte <strong>de</strong>s Amtsgerichts Köln führte. Sie war elf<br />
Jahre aufgrund von 13 befristeten Arbeitsverträgen als Vertretungskraft<br />
tätig gewesen. Aus Sicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers eine klare Sache, da<br />
das Gesetz ja ausdrücklich die Vertretungsbefristung als Sachgrund<br />
für einen befristeten Arbeitsvertrag beschreibt. Das wur<strong>de</strong> auch in<br />
Teil eins <strong>de</strong>r Entscheidung vom BAG, das sich zuvor durch eine Anfrage<br />
beim EuGH abgesichert hatte, bestätigt. In Teil zwei <strong>de</strong>s Urteils<br />
geben die Bun<strong>de</strong>srichter <strong>de</strong>m geneigten Leser jedoch eine neue<br />
„Denksportaufgabe“ mit auf <strong>de</strong>n Weg. Stets sei zu prüfen, ob „Zahl“<br />
und „Dauer“ hintereinan<strong>de</strong>rgeschalteter Verträge nicht doch zu viel<br />
<strong>de</strong>s Guten sind und zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag führen.<br />
Das Problem für die Praxis ist, dass sich aus <strong>de</strong>m Urteil allenfalls<br />
ablesen lässt, dass eine Gesamtdauer von mehr als elf Jahren bei 13<br />
Befristungen ein erhebliches Indiz für die Unzuläsigkeit einer Befristungskette<br />
ist. Alles weitere, so dachte wohl das BAG, müsse sich<br />
vor <strong>de</strong>m Tatsachengericht, an das <strong>de</strong>r Rechtsstreit zurückverwiesen<br />
wur<strong>de</strong>, klären. Bevor dies aber in eine erneute und damit sechste<br />
Run<strong>de</strong> (!) gehen musste, hatten sich die Parteien außergerichtlich<br />
geeinigt. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass wie<strong>de</strong>r einmal ein neuer<br />
aGG-Fristen<br />
ZUsammenFassUnG Will ein Bewerber geltend machen, er sei<br />
wegen eines durch AGG verbotenen Merkmals nachteilig behan<strong>de</strong>lt<br />
wor<strong>de</strong>n, so muss er für alle Ansprüche auf Scha<strong>de</strong>nsersatz die<br />
Zweimonatsfrist <strong>de</strong>s §15 Abs. 4 AGG beachten. Die Frist beginnt in<br />
<strong>de</strong>m Moment, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Bewerber das Ablehnungschreiben erhält.<br />
relevanZ Der Großteil an AGG-Klagen wird nicht aus einem bestehen<strong>de</strong>n<br />
Arbeitsverhältnis, son<strong>de</strong>rn von abgelehnten Bewerbern<br />
angestrengt. Im Urteil wird klargestellt, dass die einzuhalten<strong>de</strong><br />
gesetzliche Ausschlussfrist mit Kenntnis <strong>de</strong>r Stellenabsage zu laufen<br />
beginnt. Auf Dokumentation und Beweisbarkeit <strong>de</strong>s Zugangs <strong>de</strong>r<br />
Absageschreiben sollte daher geachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Quelle BAG, Urteil vom 21.6.2012, 8 AZR 188/11<br />
Zum Thema ... Personalmagazin 2/2012, Seite 64<br />
richt als Aufgabe <strong>de</strong>r Tatsachengerichte<br />
an, <strong>de</strong>r spätestens dann zwingend nachzugehen<br />
ist, wenn ein Arbeitgeber 13<br />
unmittelbar hintereinan<strong>de</strong>r geschaltete<br />
Arbeitsverträge über elf Jahre hinweg<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
tariFlicher vorvertraG<br />
abschließt. Das gelte auch dann, wenn<br />
diese jeweils für sich genommen einen<br />
gesetzlich anerkannten sachlichen<br />
Grund im Sinne <strong>de</strong>s § 14 Abs 1 Nr. 3<br />
TzBfG darstellen.<br />
Durch vier Instanzen klagte eine Schreibkraft auf Entfristung.<br />
arbeitsrechtlicher Risikofaktor aufgetaucht ist und die Beantwortung<br />
<strong>de</strong>r Frage, ab welcher Schwelle sich dieser sich <strong>de</strong>nn tatsächlich<br />
realisiert, wie immer lautet: Es kommt darauf an.<br />
Quelle BAG, Urteil vom 18.7.2012, 7 AZR 443/09<br />
Zum Thema ... Personalmagazin 4/2012, Seite 76<br />
ZUsammenFassUnG Sieht eine Tarifnorm unter bestimmten Bedingungen<br />
eine zukünftige Verpflichtung zur Än<strong>de</strong>rung von Tarifnormen<br />
vor, so ist dies als Vorvertrag auszulegen. Dieser ist für eine Klage<br />
als „Hauptvereinbarung“ nur geeignet, wenn er hinreichend klar<br />
bestimmt ist.<br />
relevanZ Das Urteil ist für zahlreiche Tarifabschlüsse und Streitigkeiten<br />
durchaus von Be<strong>de</strong>utung, <strong>de</strong>nn häufig wer<strong>de</strong>n in Tarifvereinbarungen<br />
für die Zukunft Absichtserklärungen abgegeben, die<br />
im Streitfall allenfalls zur Neuaufnahme von Tarifverhandlungen<br />
verpflichten, keinesfalls zu einer direkten Umsetzung im Klagewege<br />
geeignet sind.<br />
Quelle LAG Köln, Urteil vom 6.1.2012,4 SA 776/11<br />
Zum Thema ... Personalmagazin11/2009, Seite 72<br />
personalmagazin 09 / 12