The Broken Buddha - Buddhistische Gesellschaft Berlin
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Ven. S. Dhammika THE BROKEN BUDDHA Seite 70 von 97<br />
Leitfaden bezeichnet, das ist es aber ganz klar nicht und war niemals als solches gemeint. Auf der<br />
anderen Seite basiert der vermutlich in Sri Lanka verfasste Vimutthimagga auf Pâli-Quellen und<br />
war von vornherein als praktische Meditationsanleitung gedacht. Die Gelehrten, die der Meinung<br />
sind, dass es sich hierbei um ein Werk aus Sri Lanka handelt, stimmen darin überein, dass es kein<br />
Werk des <strong>The</strong>ravâda, sondern wahrscheinlich eher eins der Abhayagirivasins ist. Nachdem sich der<br />
Buddhismus nach dem 11. Jh. in Tibet fest etabliert hatte, brachte er eine ungewöhnlich große<br />
Menge Literatur über Meditation hervor. Einige dieser Werke sind nicht nur schön geschrieben,<br />
sondern sind auch praktisch und weisen oft auf profunde psychologische und spirituelle Einsichten<br />
hin. Eine gute Anzahl tibetischer Lehrer sind deshalb fähig, eine Vielzahl von Meditationstechni-<br />
ken anzubieten, wissen ihre Vorträge mit interessanten Lösungsmöglichkeiten für Probleme und<br />
Geschichten alter Meister anzureichern und sprechen selbstbewusst über die höheren Aspekte der<br />
Praxis. Ihre generelle Offenheit und Flexibilität bedeutet auch, dass sie der westlichen Psychologie<br />
gegenüber aufgeschlossen sind, und das führt dazu, dass sie die Meditation ein einer Weise präsen-<br />
tieren können, die den Menschen im Westen vertraut ist.<br />
Der Unterschied zwischen <strong>The</strong>ravâda und Tibetischem Buddhismus wird am meisten bei den<br />
Lehrern deutlich. Der durchschnittliche tibetische Mönch ist freundlich, entgegenkommend und<br />
humorvoll. Das beste Beispiel hierfür ist das Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama. Obwohl er<br />
ein ehemaliges Staatsoberhaupt, ein Senior-Mönch, ein großer und anerkannter Gelehrter und<br />
Träger des Nobel-Preises ist, beschreibt er sich selbst immer nur als „einfachen Mönch“ und tat-<br />
sächlich verhält er sich auch so. Der allgemeine Eindruck, den er macht, ist der eines bescheidenen<br />
und natürlichen Menschen, und er ist keineswegs der einzige tibetische Mönch, der so ist. Ein<br />
derartiges Verhalten hat seinen Ursprung in den Vorstellungen, die der Mahâyâna und die westli-<br />
che Kultur gemeinsam haben, und das hat dem tibetischen Buddhismus im Westen einen klaren<br />
Vorteil verschafft. In beiden Kulturen wird es sehr geschätzt, wenn eine hohe Persönlichkeit sich<br />
bescheiden gibt, und solch Verhalten gilt sogar als Indikator für wichtige spirituelle Qualitäten<br />
dieser Person. Im Westen stammen diese Ideen aus der christlichen Lehre, die Jesus Christus als<br />
Erlöser der Menschheit und gleichzeitig als den bescheidenen Diener derselben beschreibt. Bei den<br />
Tibetern ist hierfür das Bodhisattva-Ideal Grundlage, die Vorstellung, dass man seine eigenen Inte-<br />
ressen zum Wohl der anderen Wesen hintanstellt. Im Kontrast dazu, hängt im <strong>The</strong>ravâda spirituel-<br />
le Virtuosität unauflöslich mit dem sozialen Status und der Förmlichkeit zusammen. Eine Person,<br />
die überlegen ist (spirituell oder anderweitig), muss sich auch überlegen benehmen. Sie sollte im-<br />
mer ein Ausdruck erhabener Gleichgültigkeit auf dem Gesicht tragen, immer zuerst gehen, immer<br />
den Ehrenplatz einnehmen und immer den Eindruck erwecken, dass dies dem eigenen Status ge-<br />
bührt. Würde sie aber die Leute bitten, sich nicht so sehr um Formalitäten zu kümmern, einen<br />
Gruß erwidern, ein Kind in den Arm nehmen oder sich in augenzwinkernder Selbstherabwürdi-<br />
gung ergehen - wie es der Dalai Lama macht - würde dies als ein Zeichen von Flachheit angesehen.<br />
So geben sich <strong>The</strong>ravâda-Mönche gewöhnlich als steif und reserviert, was die Westler unsympa-<br />
thisch finden.