The Broken Buddha - Buddhistische Gesellschaft Berlin
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Ven. S. Dhammika THE BROKEN BUDDHA Seite 72 von 97<br />
ha, dass er sein Dasein „zum Wohle vieler, zum Glück vieler, aus Mitgefühl für die Welt, für das<br />
Wohl, den Nutzen und das Glück der Götter und Menschen“ führen würde (A, II, 146). Die Ge-<br />
schichte vom <strong>Buddha</strong> und dem kranken Mönch ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die Freund-<br />
lichkeit und das Mitgefühl des Erhabenen nicht nur eine Empfindung, sondern eine aktive Kraft<br />
war, die sich in solchen Taten äußerte und welche das Leben der Menschen positiv beeinflusste.<br />
„Zu dieser Zeit litt ein bestimmter Mönch unter Diarrhöe und lag in seinen eigenen Exkrementen.<br />
Als der <strong>Buddha</strong> und Ânanda die Unterkünfte der Mönche besuchten, kamen sie zu der Stelle, wo<br />
der kranke Mönch lag. Der <strong>Buddha</strong> fragte ihn: ‚Mönch, was ist mit dir?’ – ‚Ich habe Diarrhöe,<br />
Erhabener’. ‚Ist hier niemand, der sich um dich kümmert?’ ‚Nein, Erhabener’. ‚Warum kümmern<br />
sich die anderen Mönche nicht um dich?’ – ‚Weil ich so nutzlos für sie bin’. Dann sagte der Budd-<br />
ha zu Ânanda: ‚Geh, und hol’ Wasser und dann werden wir diesen Mönch waschen’. So brachte<br />
Ânanda Wasser und der <strong>Buddha</strong> kippte es über den kranken Mönch und Ânanda wusch ihn am<br />
ganzen Körper. Anschließend trugen der <strong>Buddha</strong> und Ânanda den Mönch zu einer Lagerstätte.<br />
Später rief der <strong>Buddha</strong> die anderen Mönche zusammen und fragte sie: ‚Warum, ihr Mönche, habt<br />
ihr euch nicht um diesen kranken Mönch gekümmert?’ - ‚Weil er uns nicht von Nutzen war, Erha-<br />
bener’. Dann sagte der <strong>Buddha</strong>: ‚Mönche, ihr habt weder Vater noch Mutter, die sich um euch<br />
kümmern, wer, wenn nicht ihr selbst, soll sich um euch kümmern? Lass den, der mich pflegen<br />
würde, die Kranken pflegen’“(Vin, IV, 301).<br />
Diese Episode aus dem Leben des <strong>Buddha</strong> ist wohl bekannt – wenigstens heute. Schaut man<br />
sich aber die Literatur der Kulturen des <strong>The</strong>ravâda an, die während der letzten 2000 Jahre produ-<br />
ziert worden ist – Gedichte, Biographien des <strong>Buddha</strong>, Hagiographien, Anthologien von Geschich-<br />
ten, Anleitungen zum monastischen Leben usw. – so war ich bis jetzt nicht in der Lage, eine Er-<br />
wähnung dieser Geschichte zu finden. Ich habe sehr sorgsam die Wandmalereien und Skulpturen<br />
der Tempel in Thailand und Sri Lanka untersucht, die das Leben des <strong>Buddha</strong> illustrieren, aber<br />
diese Geschichte wird nirgends dargestellt. Die monumentale, 2700-seitige Biographie des <strong>Buddha</strong><br />
von Mingun Sayadaw erwähnt alle denkbaren Ereignisse im Leben des <strong>Buddha</strong> – nicht aber dieses.<br />
Tatsächlich findet sich diese Geschichte, soweit ich weiß, nur ein einziges Mal in einem <strong>The</strong>ravâda-<br />
Land: im Saddhammopayana, einer Vers-Sammlung aus dem Sri Lanka des 10. Jahrhunderts. Die<br />
Verse 557 und 560 preisen und loben das Mitgefühl des <strong>Buddha</strong>, als er den kranken Mönch pflegt,<br />
und spornen die Leser dazu an, seinem Beispiel zu folgen. Die Vers-Sammlung spricht sogar über<br />
den Schutz von Hilflosen (Vers 307) und vom Geben nur aus Freude am Geben (Vers 324), im<br />
Gegensatz zu der im <strong>The</strong>ravâda üblichen Tradition, mit dem Geben die Absicht zu verbinden, Ver-<br />
dienst zu erwerben. Diese wenigen einfachen Worte der mitfühlenden und praktizierten Freund-<br />
lichkeit machen das Saddhammopayana fast einzigartig in der Literatur des <strong>The</strong>ravâda. Für diese<br />
Anomalie muss es eine Erklärung geben, und man muss nicht lange danach suchen. Gelehrten zu-<br />
folge, ist das Saddhammopayana von einem Mönch komponiert worden, der der Sekte der Abhay-<br />
agirivasins angehörte, einer Sekte, die von den <strong>The</strong>ravâdins als häretisch beschimpft und als<br />
mahâyânistisch abgetan wurde. Obwohl sich das Saddhammopayana also auf Pâli-Textquellen des<br />
Tipitaka beruft, ist es kein Werk des <strong>The</strong>ravâda. Warum hat diese wundervolle Geschichte vom