The Broken Buddha - Buddhistische Gesellschaft Berlin
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Ven. S. Dhammika THE BROKEN BUDDHA Seite 82 von 97<br />
Hindernissen, besonders von Kâma-chanda befreit war. Obwohl ich körperlich müde war, fühlte<br />
ich eine Klarheit in meinem Geist, die ich sonst nur nach Perioden langen und einsamen Meditie-<br />
rens kannte. Das war so bemerkenswert, dass ich begann, nach der Ursache suchen. Ich verbrachte<br />
einen Großteil des Tages damit, infizierte Wunden zu reinigen und Fäkalien abzuwischen und ich<br />
bin sicher, dass dies den Effekt einer Meditation über die Widerwärtigkeit des Körpers hatte. Ein-<br />
mal habe ich diese Meditation formell in einem Zeitraum von 12 Monaten einmal wöchentlich in<br />
der Leichenhalle des Kandy General Hospitals durchgeführt und bemerkte, dass es eine tiefe und<br />
stabile Loslösung zur Folge hatte. Aber die Loslösung und innere Klarheit, die ich in Kalkutta er-<br />
fuhr, war qualitativ anders. Sie war mit der Freude, Wärme des Bewusstseins erfüllt, dass ich we-<br />
nigstens einen kleinen positiven Unterschied im Leben eines Mitmenschen erreicht hatte. Ich habe<br />
oft versucht, das Paradox von innerer Loslösung und dem Sich-Um-Andere-Kümmern logisch zu<br />
durchdenken. In Kalkutta löste ich es nicht mit Hilfe der Logik, aber durch meine Erfahrungen<br />
lernte ich, dass beide gleichzeitig auftreten können. Ein westlicher Mönch der tibetischen Traditi-<br />
on, der ein Hospiz leitet, berichtete mir von den gleichen Erfahrungen. Nebenbei lernte ich in<br />
Kalkutta den Unterschied zwischen dem Lebensstil der dort ansässigen Nonnen und dem meinen<br />
kennen. Während wir ‚technisch’ gesehen nur über wenig Besitztümer verfügen, besitzen ich sowie<br />
die anderen <strong>The</strong>ravâda-Mönche eigentlich eine Fülle von Dingen. Die Kleinen Schwestern der<br />
Nächstenliebe besitzen nichts außer zwei Saris und einen Eimer. Sie verbringen ihre ganze Zeit mit<br />
Geben, während wir <strong>The</strong>ravâda-Mönche die meiste Zeit mit Empfangen verbringen. Deswegen<br />
sind wir auch die Ärmeren.<br />
27. Chen Yen und die Tsu Chi-Organisation<br />
1966 war die buddhistische Nonne Chen Yen aus Taiwan Zeuge, wie eine ernsthaft erkrankte<br />
Frau von der Patientenaufnahme eines Krankenhauses zurückgewiesen wurde, weil sie offensicht-<br />
lich zu arm war, um die Rechnung zu bezahlen. Ein <strong>The</strong>ravâdin hätte bloß mit der Schulter gezuckt<br />
und gesagt: „So ist Saµsâra. Ich werde lieber noch intensiver praktizieren, um so schnell wie mög-<br />
lich davon erlöst zu werden.“ Auf Grund ihrer Verwurzelung im Mahâyâna, beschloss Chen Yen,<br />
alles zu tun, damit solch ein schrecklicher Vorfall nicht wieder passiert. So entstand die Tsu Chi-<br />
Organisation. Heute besitzt die Tsu Chi-Organisation über 100 Zentren in der ganzen Welt. Sie<br />
verfügt über vielfältige Möglichkeiten, um in Krisenfällen in der ganzen Welt angemessen reagie-<br />
ren zu können. Ihr Recycling-Projekt hatte Modellcharakter. Es verwundert nicht, dass die Arbeit<br />
der ehrwürdigen Chen Yen Hunderttausende von Menschen inspiriert hat. Außerdem führte sie<br />
dazu, dass der Buddhismus in Taiwan eine Renaissance erfuhr. Ich hatte 1995 das Privileg, Chen<br />
Yen persönlich kennen zu lernen. Nachdem ich ihr beeindruckendes Krankenhaus in Hualien und<br />
einige ihrer Zentren besucht hatte, erwartete ich nach allem, was ich über ihr enormes Arbeitspen-<br />
sum wusste, eine dynamische, lebhafte und geschäftig wirkende Frau, mit nur wenig Zeit für Ge-<br />
spräche. Was für eine Überraschung, als ich einer freundlich-lächelnden Nonne vorgestellt wurde,<br />
die ausgerechnet wie ein kleiner, zerbrechlicher Vogel wirkte. Sie ist eine der heitersten Menschen,<br />
die ich je kennen gelernt habe. Ihre Bewegungen waren harmonisch und achtsam, und während<br />
wir miteinander sprachen, gab sie mir nicht nur ihre vollste Aufmerksamkeit, sondern schien direkt