DIE ZEIT 39/2012 - ElectronicsAndBooks
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<strong>ZEIT</strong> DER LESER S.88<br />
LESERBRIEFE<br />
AKTUELL ZUR <strong>ZEIT</strong> NR. 38<br />
Endlich<br />
Martin Hecht: »Die Stadt,<br />
das Bier und der Hass«<br />
Vielen Dank, dass Sie in Ihrem Artikel<br />
Zusammenhänge herausgearbeitet haben,<br />
die in München auch aus meiner<br />
Perspektive bisher nicht zur Sprache gekommen<br />
sind.<br />
Ich bin gebürtige Münchnerin und<br />
habe an einem Münchner Gymnasium<br />
1997 mit den Leistungskursen Geschichte-Sozialkunde<br />
und Deutsch Abitur<br />
gemacht. In meiner schulischen<br />
Laufbahn wurde der Nationalsozialismus<br />
sehr ausführlich in vielen Schulfächern<br />
(Geschichte, Deutsch, Kunst,<br />
Religion) thematisiert. Es ging viel um<br />
die historischen Ereignisse in ihrer zeitlichen<br />
Reihenfolge und die Mentalität<br />
der Deutschen zwischen Kaiserzeit und<br />
Drittem Reich. Ich erinnere mich besonders<br />
an das Herausstellen von<br />
»preu ßischer Obrigkeitshörigkeit« und<br />
dem Drang aller Deutschen nach »starker<br />
Führung«.<br />
Was im Münchner Curriculum völlig<br />
fehlte, war die Diskussion, warum ausgerechnet<br />
unsere Stadt zur »Hauptstadt<br />
der Bewegung« wurde. Ließ sich Hitler<br />
nur zufällig hier nieder, oder bot ihm<br />
München die beste Kombination von<br />
Mentalität, Infrastruktur und Kapital<br />
für sein Vorhaben?<br />
Dass diese Fragen nicht schon längst<br />
Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses<br />
Münchens mit der NS-Zeit sind,<br />
ist eine verpasste Chance. Das geplante<br />
NS-Dokumentationszentrum wird nur<br />
eine echte Bereicherung sein, wenn es<br />
mutig genug ist, sich dieser »neuen«<br />
Frage anzunehmen, und sich auch das<br />
Ziel setzt, die Stammtische von Vilshofen<br />
bis ins Hofbräuhaus zur Diskussion<br />
anzuregen.<br />
Wo ist die Grenze zwischen gesundem<br />
Traditionsbewusstsein, ausgeprägter<br />
Identität, humoristischem Derb lecken<br />
und Wirtshausmentalität mit Gefahrenpotenzial?<br />
Wann muss man als Einzelner<br />
im Stammtisch-Diskurs Zivilcourage<br />
aufbringen, um gefährlichem<br />
Unsinn Einhalt zu gebieten, oder – auf<br />
Bayerisch gesagt – »auch mal auf den<br />
Tisch haun«?<br />
Diese Fragen sind über die Grenzen<br />
Münchens hinaus relevant. Ein ehrlicher<br />
Blick auf München anno 1923<br />
kann dabei nur helfen.<br />
Claudia Urschbach, München<br />
Pin-up-<br />
Parade<br />
»Mode in Topform«<br />
<strong>ZEIT</strong>MAGAZIN NR. 37<br />
Nie waren die Silhouetten in der Mode<br />
so vielfältig? Vielleicht, aber auf Ihre<br />
Fotostrecke trifft das nicht zu. Weniger<br />
originell und geschmackloser hätte sie<br />
kaum geraten können. Eine junge, dünne,<br />
blonde Frau räkelt sich wenig bekleidet<br />
in eindeutigen Posen und verfügt<br />
über nur einen Gesichtsausdruck – dessen<br />
Übersetzung sich hier verbietet. Den<br />
Tiefpunkt bildet die Parodie eines sich<br />
anbietenden Zimmermädchens.<br />
Finden Sie das witzig? Glauben Sie,<br />
dass Ihre LeserInnen, zum nicht geringen<br />
Teil selbstbewusste und gebildete<br />
Frauen, darüber lachen können? Ich<br />
kann nur hoffen, dass es in Ihrer Redaktion<br />
zumindest erbitterte Diskussionen<br />
darüber gegeben hat, ob das<br />
<strong>ZEIT</strong>magazin das geeignete Medium<br />
für eine Pin-up-Strecke darstellt. Schade,<br />
dass der interessante und informative<br />
Artikel daneben dann ausgesprochen<br />
zynisch wirkt.<br />
Daniela Halbfas, Bremen<br />
Ihre Zuschriften erreichen uns am<br />
schnellsten unter der Mail-Adresse:<br />
leserbriefe@zeit.de<br />
Beilagenhinweis<br />
Die heutige Ausgabe enthält in Teilauflagen<br />
Prospekte folgender Unternehmen:<br />
Hamburg Marketing GmbH,<br />
22305 Hamburg; Hamburger Sparkasse<br />
AG, 20537 Hamburg; Innovation<br />
Norway, 20355 Hamburg; Inpact media<br />
GmbH, 10115 Berlin; OXO Media<br />
Verlag, 20359 Hamburg; Süddeutsche<br />
Zeitung GmbH, 81677 München<br />
Zum Titelthema: »Philosophen entdecken das Gefühl«, <strong>ZEIT</strong> NR. 37<br />
Ich bin ja so verdorben<br />
Streitgespräch zwischen Manfred Spitzer und Peter Vorderer: »Macht uns der Computer dumm?« <strong>ZEIT</strong> NR. 37<br />
Immer schon haben die Älteren am<br />
besten gewusst, was für die Jungen<br />
nicht gut ist: Selbstbefriedigung zum<br />
Beispiel, vorehelicher Sex sowie Jazz-<br />
oder Rockmusik.<br />
Meiner Großmutter, Jahrgang 1905,<br />
haben die Eltern das Lesen verboten:<br />
Es mache dumm und halte von wichtigen<br />
Tätigkeiten ab. Wichtig waren<br />
Handarbeiten und Kochen. Zum Glück<br />
war meine Großmutter eigensinnig und<br />
hat sich das Lesen nicht verbieten lassen,<br />
sonst hätte ich, Kind der fünfziger<br />
Jahre, vermutlich weder das Abitur<br />
gemacht noch ein Studium abgeschlossen.<br />
Muss ich noch sagen, was ich von<br />
Herrn Spitzers steilen Bestseller-Thesen<br />
halte?<br />
Anne Verfürth, Düsseldorf<br />
Was Spitzer in seiner Ballerspiel- und<br />
Verblödungspolemik verkennt, ist die<br />
Notwendigkeit, Kinder an die zweckmäßige<br />
Nutzung digitaler Medien heranzuführen,<br />
und der Nutzen, den<br />
Schüler durch die digitale Vernetzung<br />
schon während ihrer Schullaufbahn<br />
haben. Neben Softwareanwendungen<br />
und Webdiensten wie Geogebra oder<br />
Wolfram Alpha stellt allein die Möglichkeit,<br />
sich mit Mitschülern über das<br />
Internet fachlich auszutauschen und<br />
sich in der »großen Gruppe« zu helfen,<br />
also gemeinsam zu lernen, wie das in<br />
der analogen Welt kaum vorstellbar<br />
Man solle die Lehrer in Ruhe (arbeiten)<br />
lassen, weil sie bei ihren Schülern ja<br />
doch ganz passable Ergebnisse bewirkt<br />
haben, schreiben Sie.<br />
Das finde ich auch. Eine Frage habe<br />
ich aber. Sie haben eine Gruppe von<br />
Lehrern (und ihre Schüler) ganz besonders<br />
in Ruhe gelassen und deshalb<br />
überhaupt nicht erwähnt: die Grundschullehrer<br />
(die meistens ja Grundschullehrerinnen<br />
sind). Ich habe nicht<br />
ganz verstanden, warum. Vielleicht,<br />
weil deutsche Grundschulkinder im<br />
internationalen Vergleich (IGLK) so-<br />
wäre, einen Vorteil dar. Wer bei Eltern<br />
eine Sucht- und Verblödungshysterie<br />
auslöst, tut damit vielen Kindern keinen<br />
Gefallen, sondern beraubt sie der<br />
Möglichkeit, unter angemessener Kontrolle<br />
ein eigenes Gespür für den Nutzen<br />
der digitalen Medien zu entwickeln.<br />
Marius Wegener, Aachen<br />
Die Wirkung klassischer Computer und<br />
Taschenrechner ist gewiss vergleichbar: Es<br />
wird das behalten, was gebraucht wird,<br />
das andere kann man ja nachschlagen<br />
oder berechnen lassen.<br />
Ein Beispiel: Mir half ein Abiturient bei<br />
der Gartenarbeit. Stundenlohn 8 Euro.<br />
Abrechnung nach 12 Stunden. Er errechnet<br />
86 Euro. Ich: »Prima, da spare ich<br />
10 Euro!« Er: »Wieso?« Wir ermitteln<br />
gemeinsam: 12x8=96. Das nächste Mal<br />
fallen 13 Stunden an. Er erinnert sich an<br />
12x8=96 und will nun 96+8 rechnen.<br />
Aber da ist der Hunderterübergang im<br />
Wege! Mittlerweile studiert er.<br />
Ludwig Kellner, Baden-Baden<br />
Das Thema ist für viele Menschen für<br />
ihr privates, erzieherisches, aber auch<br />
berufliches Umfeld von großem Interesse.<br />
Ich habe mich auf die Lektüre<br />
regelrecht gefreut. Was ich zu lesen bekommen<br />
habe, ist das zänkische Gespräch<br />
zweier »Experten«, die sich auf<br />
dem Niveau einer RTL-Talkshow<br />
nicht einmal die Mühe geben, eine gemeinsame<br />
Ebene zu finden, die einem<br />
wieso schon zu Pisa-Zeiten deutlich<br />
besser abgeschnitten haben als die in<br />
Pisa getesteten 15-Jährigen?<br />
Oder weil Grundschulen und ihre<br />
Lehrkräfte nicht so wichtig sind (sowieso<br />
alles Frauen, die so ein bisschen mit<br />
kleinen Kindern rumspielen, was soll<br />
daran denn Arbeit sein)?<br />
Oder weil Hamburger Kinder ihre<br />
Schullaufbahn gleich mit dem Gymnasium<br />
anfangen? Hier in NRW müssen<br />
die Grundlagen für die Schulbildung<br />
noch in vier Jahren Grundschule gelegt<br />
werden und, ganz ehrlich, das ist nicht<br />
Leser von Nutzen sein könnte. Absolut<br />
enttäuschend.<br />
Dieter Schöneborn, Buxtehude<br />
Nachdem ich die Positionen des Herrn<br />
Spitzer verinnerlicht hatte, überkam<br />
mich eine große Besorgnis. Blicke ich<br />
zurück auf mein Leben, das fast ein<br />
Vierteljahrhundert währt, wachsen<br />
meine Sorgen.<br />
Mit neun bekam ich einen Gameboy,<br />
den ich ausgiebig bediente, später eine<br />
Playstation, einen ersten Fernseher mit<br />
vierzehn. Meine Familie leistete sich<br />
zu diesem Zeitpunkt einen Internetanschluss,<br />
die Tarife waren noch hoch,<br />
ich durfte nur sonntags in die Weiten<br />
des Netzes aufbrechen. Ich nutzte jede<br />
Minute, jede Sekunde, um meine ersten<br />
eigenen Webseiten zu gestalten, um<br />
mich in Chats und Foren mit Freunden<br />
auszutauschen.<br />
Ein oder zwei Jahre später bekam ich<br />
einen eigenen Computer samt Internetflatrate.<br />
Ich verbrachte Stunden in den<br />
digitalen Welten, hatte dort Freunde,<br />
denen ich nie begegnen sollte. Wir waren<br />
uns nah, wir vertrauten einander;<br />
ich bin nie enttäuscht worden. Doch,<br />
einmal, als ich mich digital verliebte –<br />
wie im wahren Leben, oder?<br />
Alleine oder mit Freunden »durchzechte«<br />
ich so manche Nacht mit exzessiven<br />
Spielen. Neben den geliebten Strategiespielen<br />
standen auch Ballerspiele auf<br />
dem Programm: Droidwars, ein Brow-<br />
Eine deutsche Einheitskirche – wozu denn?<br />
Aufruf zur Einheit: »Ökumene jetzt – Wir sind eine Kirche!« <strong>ZEIT</strong> NR. 37<br />
Der Tonfall kommt einem bekannt vor:<br />
Vor bald 195 Jahren, am 27. September<br />
1817, er geht eine Kabinettsorder Friedrich<br />
Wilhelms III., in der er zu einer<br />
»wahrhaft religiösen Vereinigung der<br />
beiden, nur noch durch äußere Unterschiede<br />
getrennten protestantischen<br />
Kirchen« aufruft. Offenbar waren dem<br />
preußischen König die erheblichen Unterschiede<br />
im Abendmahlsverständnis<br />
der Lutheraner und der Reformierten<br />
nicht besonders wichtig. Er war die<br />
Streitereien leid, wollte Ruhe haben<br />
und eine Kirche unter sich, die die Untertanen<br />
eint.<br />
Heute sind es wieder vor allem Politiker,<br />
die in dem Aufruf »Ökumene jetzt«<br />
feststellen, dass es unter den Christen<br />
eigentlich nur »einen Glauben« gebe<br />
und es auch heute nur äußere und für<br />
das wirkliche Leben in der »Mitte der<br />
Kirche« letztlich irrelevante Unterschiede<br />
seien, die einer Einheit im Wege<br />
stünden. Über Fachfragen sollten sich<br />
die Kirchenleitungen einigen.<br />
Aber wie sähe eine solche politisch herbeigeforderte<br />
Einheit aus? Wir Christen<br />
sind uns nicht einig, wer oder was die<br />
Kirche, ein Bischof, ein Priester, die<br />
Ehe ist. Wir sind uns nicht einig, wie<br />
(und ob ohne oder auch mit oder durch<br />
Menschen oder die Kirche) Gott in der<br />
Welt konkret handelt, liebt, vergibt.<br />
Wir sind uns nicht einig, ob oder wie<br />
wir miteinander das Leben der Ungeborenen<br />
und der Alten schützen sollen,<br />
und in Gender-Zeiten bröckelt unsere<br />
Einigkeit darüber, was ein Mann und<br />
was eine Frau ist.<br />
Wir können nicht gemeinsam für die<br />
Toten beten, und wir können miteinander<br />
die Toten auch nicht für uns beten<br />
lassen, weil wir uns nicht einig sind,<br />
ob sie jetzt schon bei Gott leben. Wir<br />
sind uns nicht einig, was wir mit Amen<br />
meinen, wenn uns jemand ein Stück<br />
Brot reicht und uns sagt, das sei der<br />
Leib Christi.<br />
Natürlich können wir all das für unwichtig<br />
oder äußerlich erklären. Wir<br />
können behaupten, dass das alles Randthemen<br />
seien und dass die, für die diese<br />
Dinge fundamental zum Leben und<br />
Zeugnis der Christen in unserem Land<br />
gehören, Fundamentalisten seien. Das<br />
alles können wir tun. Aber dann müssen<br />
wir uns nicht wundern, wenn eine<br />
solche Neuauflage einer deutschen Einheitskirche<br />
nicht mehr Heilsrelevantes<br />
zum Leben der Menschen zu sagen hat<br />
als die CDU.<br />
Der preußische König hätte sicher seinen<br />
Friedrich Wilhelm unter den Aufruf<br />
gesetzt, aber mit der Einheit, die der<br />
gekreuzigte König meint, hat er gar<br />
nichts zu tun.<br />
Fra’ Dr. Georg Lengerke, Leiter des<br />
Geistlichen Zentrums der Malteser,<br />
Ehreshoven<br />
so einfach, wie Sie vielleicht denken,<br />
denn viele Sechsjährige können echt<br />
noch nicht viel, vor allem noch nicht so<br />
viel Deutsch.<br />
Aber auch Zuhören, Schnürsenkel<br />
binden, Mengen bis zehn erfassen,<br />
Laute hören und unterscheiden, tun,<br />
was eine Lehrerin ihnen sagt und<br />
zeigt, sich konzentrieren, sich etwas<br />
merken – bei vielen Kindern ist das<br />
noch nicht besonders weit gediehen<br />
und muss ihnen – wie gesagt, jedenfalls<br />
in Nordrhein-Westfalen – erst<br />
mal beigebracht werden.<br />
20. September <strong>2012</strong> <strong>DIE</strong> <strong>ZEIT</strong> N o <strong>39</strong> 87<br />
sergame, dessen wesentliche Komponenten<br />
Wörter, Zahlen und Zeit sind.<br />
Sieben Monate lang zog mich das Spiel<br />
in seinen Bann, dann hörte ich auf, zugunsten<br />
Sozialer Netzwerke. Wenn<br />
man all die Wörter, die ich über Instant<br />
Messenger, in Chats und Sozialen Netzwerken<br />
mit Freunden und Fremden<br />
gewechselt habe, zu Büchern zusammenfasst<br />
und sie ins Bord stellt, würden<br />
daneben Spitzers Werke vermutlich<br />
nicht einmal die Hälfte des Platzes<br />
brauchen.<br />
Ich muss mir also ein schlechtes Zeugnis<br />
ausstellen.<br />
Wer bin ich nur? Ein sehr passabler Lehramtsstudent<br />
der Germanistik und Geschichte.<br />
Ein Naturliebhaber und Imker.<br />
Ein Freund der Bücher und Gespräche.<br />
Ein Verehrer des auf Papier oder digitalen<br />
Seiten geschriebenen Wortes, das ich<br />
mit meinen Liebsten wechsle. Ein<br />
Mensch, der dem Web 2.0, den Computerspielen<br />
und dem Fernsehen die<br />
Gefolgschaft aufgekündigt hat, weil sich<br />
all das im privaten Leben als überflüssig<br />
erwiesen hat – wie die Bravo nach der<br />
Pubertät manches Jugendlichen.<br />
Ich bin ganz und gar verdorben.<br />
In zwei Wochen schreibe ich eine Examensarbeit<br />
über das Thema »Blended<br />
Learning«. Es wird um den Einsatz von<br />
digitalen Medien in Lehr-Lern-Prozessen<br />
gehen. Ich bin froh, diese Arbeit nicht<br />
Herrn Spitzer vorlegen zu müssen.<br />
Julian Klein, 24 Jahre, Aachen<br />
Ein Aufstand mit Günther Jauch und<br />
Richard von Weizsäcker? Das funktioniert<br />
sicher nicht. Ein Aufstand wird<br />
normalerweise gegen etwas geführt.<br />
Gegen Diktatoren oder politische Systeme.<br />
Soll dieser Aufstand gegen die<br />
Trennung verschiedener christlicher<br />
Gruppierungen und damit für ein einziges<br />
Christentum geführt werden?<br />
Ökumene zu verwirklichen ist viel problematischer,<br />
als die Europäische Union<br />
harmonisch zu gestalten. Sollte man<br />
nicht einmal darüber nachdenken, die<br />
Auswüchse religiösen Wahnsinns zu beenden?<br />
Von fundamentalistischen Islamisten<br />
bis zu den Kreationisten.<br />
Was mit dem Internationalen Gerichtshof<br />
in Den Haag gelungen ist, sollte<br />
auf dieser Ebene auch bei der Bekämpfung<br />
von Ideologien angestrebt werden.<br />
Die Ökumene ist mit einem »Aufstand«<br />
kräftig überfordert.<br />
Hermann Goldkamp, Braunschweig<br />
Hamburger Kinder starten wohl gleich im Gymnasium<br />
Thomas Kerstan: »Lasst sie in Ruhe!« <strong>ZEIT</strong> NR. 37<br />
Und das dauert. Bei manchen ziemlich<br />
lange, und die werden immer mehr und<br />
die anderen immer weniger.<br />
Ach ja, und »die Integration behinderter<br />
Kinder bewerkstelligen« müssen die<br />
Grundschullehrer hier in NRW auch,<br />
manche schon seit Jahren, manche erst<br />
seit Kurzem.<br />
Also, wie gesagt, warum Sie die Grundschullehrer<br />
jetzt so total in Ruhe gelassen<br />
haben, habe ich dann doch nicht<br />
verstanden. Obwohl das ja bestimmt<br />
nett gemeint war von Ihnen.<br />
Sibylle Clement, Bonn<br />
Aus N<br />
37<br />
o :<br />
6. September <strong>2012</strong><br />
Kampfbegriff<br />
Kerstin Bund: »Generation<br />
Erblast« <strong>ZEIT</strong> NR. 37<br />
Es ist richtig, dass Kerstin Bund daran<br />
erinnert, dass die Politik vergangener<br />
Jahrzehnte den künftigen Generationen<br />
in vielerlei Hinsicht Hypotheken auferlegt<br />
hat. Das muss gestoppt werden, und<br />
insofern will ich ihr zustimmen. Allerdings<br />
spricht sie nicht für mich, wenn sie<br />
in der aktuellen Debatte eine zentrale<br />
Konfliktlinie zwischen heutigen und zukünftigen<br />
Generationen zieht. Als jetzt<br />
32-jähriger werdender Vater möchte ich<br />
nicht in einer Gesellschaft leben, die einen<br />
solchen Gegensatz zum Kampfbegriff<br />
der Politik erhebt; es gibt wichtigere.<br />
Es ist Frau Bund sicher nicht zu unterstellen,<br />
aber ich möchte nicht, dass eine<br />
Debatte über Generationengerechtigkeit<br />
die viel wesentlichere, generationenübergreifende<br />
Debatte über die generellen<br />
Ungerechtigkeiten zwischen den<br />
Vermögenden und den Nichtvermögenden<br />
verdeckt. Es reicht schon, dass<br />
heute über »faule Griechen« statt über<br />
zügellose Banken und renditegierige<br />
Vermögende diskutiert wird ...<br />
Tim Schöning, Diepholz<br />
Sie haben einen wichtigen Aspekt vergessen.<br />
Die junge Generation erbt nicht<br />
nur Schulden in Billionenhöhe, sondern<br />
auch Vermögen in Billionenhöhe. Leider<br />
ist dieses Erbe sehr ungleich verteilt, und<br />
diese Ungleichheit wird tendenziell zunehmen,<br />
weil die Generation der Älteren<br />
es nicht schafft, eine gerechte Vermögensverteilung<br />
herbeizuführen.<br />
Anne Dominitzki, Ober-Olm<br />
Kerstin Bund hat mir aus der Seele gesprochen!<br />
Schön, dass sich mal jemand<br />
traut, auf der Titelseite zu schreiben:<br />
»Die Demokratie passt sich der Demografie<br />
an ... Die Alten sind bald in der<br />
Mehrheit. Die Herrschaft der Alten<br />
über die Jungen wäre aber die Herrschaft<br />
derer, die nicht mehr arbeiten,<br />
über die, die arbeiten.« Genau diese<br />
Entwicklung macht mir als 25-jährigem<br />
Vollzeit Arbeitendem Angst!<br />
Cornelia Ullmann, per E-Mail<br />
Sie erwähnen nicht, dass wir berufsständische<br />
Versorgungssysteme haben<br />
und die Beamten nicht in die Sozialversicherung<br />
einzahlen. Warum will die<br />
Politik das Rentenniveau drastisch absenken,<br />
ohne dass die Beamtenpensionen<br />
angetastet werden?<br />
Die »reichste« Elterngeneration kommt<br />
dadurch zustande, dass alle Regierungen<br />
seit 1949 die Gewinne/Vermögen<br />
nicht genügend besteuerten. Auch von<br />
Verlagen wie dem Zeitverlag.<br />
Wenn alle Erwerbstätigen in eine gemeinsame<br />
Sozialversicherung einzahlen<br />
und der Millionär eben auch nur eine<br />
Basisrente erhält, weil er vorsorgen<br />
kann: Dann wäre genug Geld da.<br />
Hubert Laufer, Gütersloh<br />
Mann!<br />
Nadine Ahr: »Wohnung in<br />
bester Krisenlage« <strong>ZEIT</strong> NR. 37<br />
Ich lese die <strong>ZEIT</strong> sehr gerne, doch<br />
manchmal muss ich mich auch sehr<br />
über sie ärgern. Sobald es in der <strong>ZEIT</strong><br />
um Politik geht, gibt es keine Frauen<br />
mehr. It’s a man’s world.<br />
Da geht es in der Europa-Serie um spanische<br />
Polizisten, einen griechischen<br />
Schmuckhändler, zwei italienische Kioskbetreiber<br />
und einen deutschen Makler.<br />
Was ist los? Sind keine Frauen von der<br />
Krise betroffen? Polizistinnen, Händlerinnen,<br />
Maklerinnen? Keine Erwähnung in<br />
den Artikeln. Nicht mal in der Serie.<br />
Genauso bei Bernd Ulrich, ein guter,<br />
langer Beitrag über das aktuelle Verhältnis<br />
der Deutschen zum Holocaust.<br />
Ein Botschafter, ein Museumsdirektor,<br />
ein Schriftsteller, ein Journalist. Keine<br />
Frauen: weder in Deutschland noch in<br />
Israel. Es sagt viel darüber aus, wie beiläufig<br />
es geschieht. Hätte in den Serien<br />
nicht eine Frau Platz gehabt? Eine einzige<br />
Quotenfrau?<br />
Ein chinesisches Sprichwort sagt: »Frauen<br />
tragen die Hälfte des Himmels«. Diese<br />
Hälfte würde ich auch gerne in der <strong>ZEIT</strong><br />
und vor allem in der Politik lesen.<br />
Eli Schmid, Bad Tölz