Nietzsche, Friedrich - Di...
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222.<br />
<strong>Di</strong>chter und Lügner. − Der <strong>Di</strong>chter sieht in dem Lügner seinen Milchbruder, dem er die<br />
Milch weggetrunken hat; so ist Jener elend geblieben und hat es nicht einmal bis zum<br />
guten Gewissen gebracht.<br />
223.<br />
Vicariat der Sinne. − "Man hat auch die Augen um zu hören − sagte ein alter Beichtvater,<br />
der taub wurde; und unter den Blinden ist Der König, wer die längsten Ohren hat."<br />
224.<br />
Kritik der Thiere. − Ich fürchte, die Thiere betrachten den Menschen als ein Wesen<br />
Ihresgleichen, das in höchst gefährlicher Weise den gesunden Thierverstand verloren hat, −<br />
als das wahnwitzige Thier, als das lachende Thier, als das weinende Thier, als das<br />
unglückselige Thier.<br />
225.<br />
<strong>Di</strong>e Natürlichen. − "Das Böse hat immer den grossen Effect für sich gehabt! Und die Natur<br />
ist böse! Seien wir also natürlich!" − so schliessen im Geheimen die grossen Effecthascher<br />
der Menschheit, welche man gar zu oft unter die grossen Menschen gerechnet hat.<br />
226.<br />
<strong>Di</strong>e Misstrauischen und der Stil. − Wir sagen die stärksten <strong>Di</strong>nge schlicht, vorausgesetzt,<br />
dass Menschen um uns sind, die an unsere Stärke glauben: − eine solche Umgebung erzieht<br />
zur "Einfachheit des Stils". <strong>Di</strong>e Misstrauischen reden emphatisch; die Misstrauischen<br />
machen emphatisch.<br />
227.<br />
Fehlschluss, Fehlschuss. − Er kann sich nicht beherrschen: und daraus schliesst jene Frau,<br />
es werde leicht sein, ihn zu beherrschen und wirft ihre Fangseile nach ihm aus; − die Arme,<br />
die in Kürze seine Sclavin sein wird.<br />
228.<br />
<strong>Nietzsche</strong><br />
Gegen die Vermittelnden. − Wer zwischen zwei entschlossenen Denkern vermitteln will,<br />
ist gezeichnet als mittelmässig: er hat das Auge nicht dafür, das Einmalige zu sehen; die<br />
Aehnlichseherei und Gleichmacherei ist das Merkmal schwacher Augen.<br />
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