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Nietzsche, Friedrich - Di...

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Verkaufsladen, ein Gegenargument, das Aufschlagen eines Buches, ein Traum, ein Betrug:<br />

es erweist sich sofort oder sehr bald nachher als ein <strong>Di</strong>ng, das "nicht fehlen durfte", − es ist<br />

voll tiefen Sinnes und Nutzens gerade für uns! Giebt es eine gefährlichere Verführung, den<br />

Göttern Epikur's, jenen sorglosen Unbekannten, den Glauben zu kündigen und an irgend<br />

eine sorgenvolle und kleinliche Gottheit zu glauben, welche selbst jedes Härchen auf<br />

unserem Kopfe persönlich kennt und keinen Ekel in der erbärmlichsten <strong>Di</strong>enstleistung<br />

findet? Nun − ich meine trotzalledem! wir wollen die Götter in Ruhe lassen und die<br />

dienstfertigen Genien ebenfalls und uns mit der Annahme begnügen, dass unsere eigene<br />

practische und theoretische Geschicklichkeit im Auslegen und Zurechtlegen der Ereignisse<br />

jetzt auf ihren Höhepunct gelangt sei. Wir wollen auch nicht zu hoch von dieser<br />

Fingerfertigkeit unserer Weisheit denken, wenn uns mitunter die wunderbare Harmonie<br />

allzusehr überrascht, welche beim Spiel auf unserem Instrumente entsteht: eine Harmonie,<br />

welche zu gut klingt, als dass wir es wagten, sie uns selber zuzurechnen. In der That, hier<br />

und da spielt Einer mit uns − der liebe Zufall: er führt uns gelegentlich die Hand, und die<br />

allerweiseste Providenz könnte keine schönere Musik erdenken, als dann dieser unserer<br />

thörichten Hand gelingt.<br />

278.<br />

Der Gedanke an den Tod. − Es macht mir ein melancholisches Glück, mitten in diesem<br />

Gewirr der Gässchen, der Bedürfnisse, der Stimmen zu leben: wieviel Geniessen,<br />

Ungeduld, Begehren, wieviel durstiges Leben und Trunkenheit des Lebens kommt da jeden<br />

Augenblick an den Tag! Und doch wird es für alle diese Lärmenden, Lebenden,<br />

Lebensdurstigen bald so stille sein! Wie steht hinter jedem sein Schatten, sein dunkler<br />

Weggefährte! Es ist immer wie im letzten Augenblicke vor der Abfahrt eines<br />

Auswandererschiffes: man hat einander mehr zu sagen als je, die Stunde drängt, der Ozean<br />

und sein ödes Schweigen wartet ungeduldig hinter alle dem Lärme − so begierig, so sicher<br />

seiner Beute. Und Alle, Alle meinen, das Bisher sei Nichts oder Wenig, die nahe Zukunft<br />

sei Alles: und daher diese Hast, diess Geschrei, dieses Sich−Uebertäuben und<br />

Sich−Uebervortheilen! Jeder will der Erste in dieser Zukunft sein, − und doch ist Tod und<br />

Todtenstille das einzig Sichere und das Allen Gemeinsame dieser Zukunft! Wie seltsam,<br />

dass diese einzige Sicherheit und Gemeinsamkeit fast gar Nichts über die Menschen<br />

vermag und dass sie am Weitesten davon entfernt sind, sich als die Brüderschaft des Todes<br />

zu fühlen! Es macht mich glücklich, zu sehen, dass die Menschen den Gedanken an den<br />

Tod durchaus nicht denken wollen! Ich möchte gern Etwas dazu thun, ihnen den Gedanken<br />

an das Leben noch hundertmal denkenswerther zumachen.<br />

279.<br />

<strong>Nietzsche</strong><br />

Sternen−Freundschaft. − Wir waren Freunde und sind uns fremd geworden. Aber das ist<br />

recht so und wir wollen's uns nicht verhehlen und verdunkeln, − als ob wir uns dessen zu<br />

schämen hätten. Wir sind zwei Schiffe, deren jedes sein Ziel und seine Bahn hat; wir<br />

können uns wohl kreuzen und ein Fest miteinander feiern, wie wir es gethan haben, − und<br />

278. 115

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