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Nietzsche, Friedrich - Di...

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Thöricht mit dem Thoren, eitel mit dem Eitelen, schwärmerisch mit dem Schwärmer zu<br />

sein? Wäre es nicht billig, bei einem solchen übermüthigen Grade der Abweichung im<br />

Ganzen? Wenn ich von den Bosheiten Anderer gegen mich höre, − ist nicht mein erstes<br />

Gefühl das einer Genugthuung? So ist es recht! − scheine ich mir zu ihnen zu sagen − ich<br />

stimme so wenig zu euch und habe so viel Wahrheit auf meiner Seite: macht euch<br />

immerhin einen guten Tag auf meine Kosten, so oft ihr könnt! Hier sind meine Mängel und<br />

Fehlgriffe, hier ist mein Wahn, mein Ungeschmack, meine Verwirrung, meine Thränen,<br />

meine Eitelkeit, meine Eulen−Verborgenheit, meine Widersprüche! Hier habt ihr zu<br />

lachen! So lacht denn auch und freut euch! Ich bin nicht böse auf Gesetz und Natur der<br />

<strong>Di</strong>nge, welche wollen, dass Mängel und Fehlgriffe Freude machen! − Freilich, es gab<br />

einmal "schönere" Zeiten, wo man sich noch mit jedem einigermaassen neuen Gedanken<br />

so unentbehrlich fühlen konnte, um mit ihm auf die Strasse zu treten und Jedermann<br />

zuzurufen: "Siehe! Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" − Ich würde mich nicht<br />

vermissen, wenn ich fehlte. Entbehrlich sind wir Alle!" − Aber, wie gesagt, so denken wir<br />

nicht, wenn wir tapfer sind; wir denken nicht daran.<br />

312.<br />

Mein Hund.− Ich habe meinem Schmerze einen Namen gegeben und rufe ihn "Hund", − er<br />

ist ebenso treu, ebenso zudringlich und schamlos, ebenso unterhaltend, ebenso klug, wie<br />

jeder andere Hund − und ich kann ihn anherrschen und meine bösen Launen an ihm<br />

auslassen: wie es Andere mit ihren Hunden, <strong>Di</strong>enern und Frauen machen.<br />

313.<br />

Kein Marterbild. − Ich will es machen wie Raffael und kein Marterbild mehr malen. Es<br />

giebt der erhabenen <strong>Di</strong>nge genug, als dass man die Erhabenheit dort aufzusuchen hätte, wo<br />

sie mit der Grausamkeit in Schwesterschaft lebt; und mein Ehrgeiz würde zudem kein<br />

Genügen daran finden, wenn ich mich zum sublimen Folterknecht machen wollte.<br />

314.<br />

Neue Hausthiere. − Ich will meinen Löwen und meinen Adler um mich haben, damit ich<br />

allezeit Winke und Vorbedeutungen habe, zu wissen, wie gross oder wie gering meine<br />

Stärke ist. Muss ich heute zu ihnen hinabblicken und mich vor ihnen fürchten? Und wird<br />

die Stunde wiederkommen, wo sie zu mir hinaufblicken und in Furcht? −<br />

315.<br />

<strong>Nietzsche</strong><br />

Vom letzten Stündlein. − Stürme sind meine Gefahr.− werde ich meinen Sturm haben, an<br />

dem ich zu Grunde gehe, wie Oliver Cromwell an seinem Sturme zu Grunde gierig? Oder<br />

werde ich verlöschen wie ein Licht, das nicht erst der Wind ausbläst, sondern das seiner<br />

selber müde und satt wurde, − ein ausgebranntes Licht? Oder endlich: werde ich mich<br />

312. 130

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