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Nietzsche, Friedrich - Di...

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322.<br />

Gleichniss. − Jene Denker, in denen alle Sterne sich in kyklischen Bahnen bewegen, sind<br />

nicht die tiefsten; wer in sich wie in einen ungeheuren Weltraum hineinsieht und<br />

Milchstrassen in sich trägt, der weiss auch, wie unregelmässig alle Milchstrassen sind; sie<br />

führen bis in's Chaos und Labyrinth des Daseins hinein.<br />

323.<br />

Glück im Schicksal. − <strong>Di</strong>e grösste Auszeichnung erweist uns das Schicksal, wenn es uns<br />

eine Zeit lang auf der Seite unserer Gegner hat kämpfen lassen. Damit sind wir vorher<br />

bestimmt zu einem grossen Siege.<br />

324.<br />

In media vita. − Nein! Das Leben hat mich nicht enttäuscht! Von Jahr zu Jahr finde ich es<br />

vielmehr wahrer, begehrenswerther und geheimnissvoller, − von jenem Tage an, wo der<br />

grosse Befreier über mich kam, jener Gedanke, dass das Leben ein Experiment des<br />

Erkennenden sein dürfe − und nicht eine Pflicht, nicht ein Verhängniss, nicht eine<br />

Betrügerei! − Und die Erkenntniss selber: mag sie für Andere etwas Anderes sein, zum<br />

Beispiel ein Ruhebett oder der Weg zu einem Ruhebett, oder eine Unterhaltung, oder ein<br />

Müssiggang, − für mich ist sie eine Welt der Gefahren und Siege, in der auch die<br />

heroischen Gefühle ihre Tanz− und Tummelplätze haben. "Das Leben ein Mittel der<br />

Erkenntniss" − mit diesem Grundsatze im Herzen kann man nicht nur tapfer, sondern sogar<br />

fröhlich leben und fröhlich lachen! Und wer verstünde überhaupt gut zu lachen und zu<br />

leben, der sich nicht vorerst auf Krieg und Sieg gut verstünde?<br />

325.<br />

Was zur Grösse gehört. − Wer wird etwas Grosses erreichen, wenn er nicht die Kraft und<br />

den Willen in sich fühlt, grosse Schmerzen zuzufügen? Das Leidenkönnen ist das<br />

Wenigste: darin bringen es schwache Frauen und selbst Sclaven oft zur Meisterschaft.<br />

Aber nicht an innerer Noth und Unsicherheit zu Grunde gehn, wenn man grosses Leid<br />

zufügt und den Schrei dieses Leides hört − das ist gross, das gehört zur Grösse.<br />

326.<br />

<strong>Nietzsche</strong><br />

<strong>Di</strong>e Seelen−Aerzte und der Schmerz. − Alle Moralprediger, wie auch alle Theologen,<br />

haben eine gemeinsame Unart: alle suchen den Menschen aufzureden, sie befänden sich<br />

sehr schlecht und es thue eine harte letzte radicale Cur noth. Und weil die Menschen<br />

insgesammt jenen Lehren ihr Ohr zu eifrig und ganze Jahrhunderte lang hingehalten haben,<br />

322. 133

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