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Nietzsche, Friedrich - Di...

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geweiht sind: eine Tapferkeit ohne den Willen zur Ehre: eine Selbstgenügsamkeit, welche<br />

Ueberfluss hat und an Menschen und <strong>Di</strong>nge mittheilt. Bisher war es also das Seltene und<br />

die Unwissenheit um diess Seltensein, was edel machte. Dabei erwäge man aber, dass<br />

durch diese Richtschnur alles Gewöhnte, Nächste und Unentbehrliche, kurz, das am<br />

meisten Arterhaltende, und überhaupt die Regel in der bisherigen Menschheit, unbillig<br />

beurtheilt und im Ganzen verleumdet worden ist, zu Gunsten der Ausnahmen. Der Anwalt<br />

der Regel werden − das könnte vielleicht die letzte Form und Feinheit sein, in welcher der<br />

Edelsinn auf Erden sich offenbart.<br />

56.<br />

<strong>Nietzsche</strong><br />

<strong>Di</strong>e Begierde nach Leiden. − Denke ich an die Begierde, Etwas zu thun, wie sie die<br />

Millionen junger Europäer fortwährend kitzelt und stachelt, welche alle die Langeweile<br />

und sich selber nicht ertragen können, − so begreife ich, dass in ihnen eine Begierde, Etwas<br />

zu leiden, sein muss, um aus ihrem Leiden einen probablen Grund zum Thun, zur That<br />

herzunehmen. Noth ist nöthig! Daher das Geschrei der Politiker, daher die vielen falschen,<br />

erdichteten, übertriebenen "Nothstände" aller möglichen Classen und die blinde<br />

Bereitwilligkeit, an sie zu glauben. <strong>Di</strong>ese junge Welt verlangt, von Aussen her solle − nicht<br />

etwa das Glück − sondern das Unglück kommen oder sichtbar werden; und ihre Phantasie<br />

ist schon voraus geschäftig, ein Ungeheuer daraus zu formen, damit sie nachher mit einem<br />

Ungeheuer kämpfen könne. Fühlten diese Nothsüchtigen in sich die Kraft, von Innen her<br />

sich selber wohlzuthun, sich selber Etwas anzuthun, so würden sie auch verstehen, von<br />

Innen her sich eine eigene, selbsteigene Noth zu schaffen. Ihre Erfindungen könnten dann<br />

feiner sein und ihre Befriedigungen könnten wie gute Musik klingen: während sie jetzt die<br />

Welt mit ihrem Nothgeschrei und folglich gar zu oft erst mit dem Nothgefühle anfüllen!<br />

Sie verstehen mit sich Nichts anzufangen − und so malen sie das Unglück Anderer an die<br />

Wand: sie haben immer Andere nöthig! Und immer wieder andere Andere! − Verzeihung,<br />

meine Freunde, ich habe gewagt, mein Glück an die Wand zu malen.<br />

56. 50

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