Empirie und Analyse - Integrationspotenziale
Empirie und Analyse - Integrationspotenziale
Empirie und Analyse - Integrationspotenziale
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bürgerschaftliches Engagement von Migrantinnen im ländlichen Raum<br />
Eine Auswertung der Daten des aktuellen Freiwilligensurveys zur öffentlichen<br />
Aktivität <strong>und</strong> zum Engagement von Migrantinnen im ländlichen Raum zeigt,<br />
dass Migrantinnen generell weniger stark als Migranten bürgerschaftlich enga-<br />
giert sind. Im ländlichen Raum sind 56,5 Prozent der Frauen mit Migrations-<br />
hintergr<strong>und</strong> öffentlich aktiv <strong>und</strong> übernehmen zu 20,5 Prozent Aufgaben <strong>und</strong><br />
Funktionen, im verdichteten Umland liegen die Anteile demgegenüber bei 62,6<br />
Prozent <strong>und</strong> 29,7 Prozent <strong>und</strong> in den Kernstädten bei 69,9 Prozent <strong>und</strong> 26,6<br />
Prozent 41 . Dies könnte mit der Vielfalt <strong>und</strong> Erreichbarkeit von herkunftsbezogenen<br />
wie nicht herkunftsbezogenen Engagementstrukturen zusammenhängen,<br />
aber auch mit der unterschiedlichen Attraktivität dieser Angebote für Migrantinnen.<br />
Dass die Mitgliedschaftsquote in Vereinen <strong>und</strong> Organisationen für<br />
Migrantinnen im ländlichen Raum wiederum höher ist als in den Kernstädten,<br />
verweist auf die faktische Bedeutung formaler Vereins- <strong>und</strong> Organisationsstrukturen<br />
gegenüber informelleren Initiativen im ländlichen Raum.<br />
Die engeren sozialen Netze <strong>und</strong> die Überschaubarkeit kleinerer Kommunen<br />
ermöglichen einerseits eine direktere Ansprache <strong>und</strong> Aktivierung von Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> gleichermaßen könnte auch die hohe Wohnzufriedenheit dem<br />
Engagement zuträglich sein. In kleinen peripheren Städten wirken jedoch<br />
Mobilitätsbarrieren, der geringere Grad interkultureller Öffnung bestehender<br />
Vereine wie auch der geringere Grad der Selbstorganisation von Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten als hemmende Faktoren. Zudem weist die Enquete-Kommission<br />
„Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />
in ihrem Bericht auf Querschnittsdimensionen bei der Betrachtung von<br />
Engagementstrukturen hin, die strukturell benachteiligend bzw. exkludierend<br />
wirken. Als zentral benennt sie, dass Institutionen, Räume <strong>und</strong> Regelungen für<br />
bürgerschaftliches Engagement sowohl auf die männliche Erwerbsbiografie<br />
als auch auf die Bedürfnisse der mittleren, erwerbstätigen Generation zugeschnitten<br />
sind <strong>und</strong> eine Prägung aufweisen, die den Zugang <strong>und</strong> die Beteiligung<br />
von Frauen erschwert: eine Realität, die noch stärker auf die Gruppe von Migrantinnen<br />
zutrifft (Enquete-Kommission 2002: 106f.).<br />
Bei den acht Intensivinterviews mit Migrantinnen wurden drei zentrale Motive<br />
für bürgerschaftliches Engagement deutlich: Erstens ist damit eine Möglichkeit<br />
verb<strong>und</strong>en, soziale Kontakte zu knüpfen <strong>und</strong> sich in neuen Betätigungsfeldern<br />
außerhalb der Familienarbeit einzubringen. Zweitens geht es Frauen darum,<br />
Menschen zu helfen <strong>und</strong> Erfahrungen aus dem eigenen Integrationsprozess<br />
weiterzugeben. Drittens verbanden einige der interviewten Frauen mit ihrem<br />
Engagement etwa in kommunalen Integrationsbeiräten, Vereinen <strong>und</strong> Initiativen<br />
auch die Hoffnung auf größere Chancen für den Berufseinstieg bzw. den<br />
174<br />
<strong>Empirie</strong> <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong>