Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...
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234 9 Konstruktionsgrammatik<br />
lexeme<br />
passive active lesen essen<br />
passive ∧ lesen active ∧ lesen passive ∧ essen active ∧ essen<br />
Abbildung 9.1: Passiv und Linking-Konstruktionen<br />
in TAG (Candito: 1996; Clément und Kinyon: 2003, 188) und HPSG gemacht (Koenig:<br />
1999; Davis und Koenig: 2000; Kordoni: 2001).<br />
Michaelis und Ruppenhofer (2001, 55–57) geben die folgenden Linking-Konstruktionen<br />
an: 4<br />
(9) a. die Transitive Construction:<br />
⎡ � � ⎤<br />
CAT v<br />
SYN<br />
⎢ VOICE active ⎥<br />
⎢ �� � ��� ⎥<br />
⎣<br />
GF obj ⎦<br />
VAL ROLE<br />
DA −<br />
b.<br />
⎡<br />
die Subject � Construction: � ⎤<br />
SYN CAT<br />
⎢<br />
v<br />
⎥<br />
⎣ �� � ���⎦<br />
VAL ROLE GF subj<br />
c. die ⎡ Passive � Construction: �<br />
CAT v<br />
SYN<br />
⎢ FORM<br />
⎢<br />
PastPart<br />
⎢ ⎧⎡<br />
⎢ ⎪⎨ ⎢<br />
⎣ ⎢<br />
VAL ⎣<br />
⎪⎩<br />
ROLE<br />
⎤<br />
⎥<br />
� � ⎤⎫<br />
⎥<br />
GF obl ⎪⎬ ⎥<br />
DA +<br />
⎥ ⎥<br />
⎦ ⎦<br />
⎪⎭<br />
SYN P[von]/zero<br />
Die Struktur in (9a) sagt, dass es in einer Valenzmenge eines von der Transitiv-Konstruktion<br />
beschriebenen linguistischen Objekts ein Element geben muss, das die grammatische<br />
Funktion Objekt hat und dessen DA-Wert ‘−’ ist. Der DA-Wert ist bei dem Argument,<br />
das im Aktiv das Subjekt ist, ‘+’ und bei allen anderen Argumenten ‘−’. Die Subjekt-<br />
4 In der Transitive Construction in (9a) ist im Original als θ-Wert DA− angegeben, DA ist aber ein Merkmal.<br />
Ich habe das in (9a) entsprechend korrigiert.<br />
In den folgenden Strukturen steht GF für grammatical function und DA für distinguished argument (ausgezeichnetes<br />
Argument). Das ausgezeichnete Argument entspricht für gewöhnlich dem Subjekt im Aktivsatz.<br />
9.2 Passiv 235<br />
Konstruktion besagt, dass ein Element der Valenzmenge die grammatische Funktion Subjekt<br />
haben muss. Die Passiv-Konstruktion besagt, dass es ein Element geben muss, das<br />
die grammatische Funktion Oblique und einen DA-Wert ‘+’ haben muss. Das Element mit<br />
dem DA-Wert ‘+’ wird in der Passivkonstruktion entweder als von-PP oder gar nicht (zero)<br />
realisiert.<br />
Das Zusammenspiel der Konstruktionen in (9) soll am Verb schlagen erklärt werden:<br />
(10) Lexikoneintrag für schlag-:<br />
⎡ � �<br />
⎤<br />
SYN CAT<br />
⎢<br />
v<br />
⎥<br />
⎢<br />
�� � �� � � ��� ⎥<br />
⎣<br />
θ agent<br />
⎦<br />
VAL ROLE , ROLE θ patient<br />
DA +<br />
Kombiniert man diesen Lexikoneintrag mit der Transitiv- und der Subjekt-Konstruktion,<br />
erhält man nach Fillmore/Kay/Michaelis und Ruppenhofer (11a), wohingegen eine Kombination<br />
mit Subjekt- und Passiv-Konstruktion (11b) ergibt: 5<br />
(11) a. schlag- + Subjekt- und Transitiv-Konstruktion:<br />
⎡ � �<br />
CAT v<br />
SYN<br />
⎢ VOICE active<br />
⎢ ⎧⎡<br />
⎢ ⎪⎨ ⎢<br />
⎣ ⎢<br />
VAL ⎣<br />
⎪⎩<br />
ROLE<br />
⎡ ⎤⎤<br />
⎡<br />
θ agent<br />
⎣GF<br />
subj ⎦⎥<br />
⎢<br />
⎦, ⎣<br />
DA +<br />
ROLE<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎡ ⎤⎤⎫<br />
⎥<br />
θ patient ⎪⎬ ⎥<br />
⎣GF<br />
obj ⎦⎥<br />
⎥<br />
⎦ ⎦<br />
⎪⎭<br />
DA −<br />
b. schlag- ⎡ + Subjekt- und Passiv-Konstruktion:<br />
� �<br />
CAT v<br />
⎢SYN<br />
⎢ FORM PastPart<br />
⎢ ⎧⎡<br />
⎡ ⎤⎤<br />
⎢<br />
θ agent<br />
⎢ ⎪⎨ ⎢<br />
⎢ ⎢ROLE<br />
⎣GF<br />
obl ⎦ ⎥<br />
⎢VAL<br />
⎢<br />
⎣ ⎣ DA +<br />
⎥<br />
⎦<br />
⎪⎩<br />
SYN P[von]/zero<br />
,<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎫ ⎥<br />
� � ��⎪⎬<br />
⎥<br />
θ patient ⎥<br />
ROLE<br />
⎥<br />
GF subj<br />
⎥<br />
⎦<br />
⎪⎭<br />
Mit den Einträgen in (11) kann man dann die Sätze in (12) analysieren:<br />
(12) a. Er schlägt den Weltmeister.<br />
b. Der Weltmeister wird (von ihm) geschlagen.<br />
Diese Analyse ist formal inkonsistent, da die Mengenunifikation nicht so formalisiert werden<br />
kann, dass die obigen Konstruktionen unifizierbar sind (Müller: 2006; Müller: 2008b,<br />
Abschnitt 7.5.2). Man kann die Analyse jedoch reparieren, indem man die HPSG-Formalisierung<br />
von Mengen verwendet (Pollard und Sag: 1987; Pollard und Moshier: 1990). Die<br />
Subjekt-, Transitiv- und Passivkonstruktion muss man dann so abändern, dass die Konstruktionen<br />
etwas darüber aussagen, wie ein Element in VAL aussieht, statt den VAL-Wert<br />
als einelementige Menge zu spezifizieren.<br />
5 Das setzt ein spezielles Verständnis von Mengenunifikation voraus. Zur Kritik siehe unten.