Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...
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250 9 Konstruktionsgrammatik<br />
des Spracherwerbs dar, die viele der Probleme der P&P-Theorie nicht hat (zum Spracherwerb<br />
siehe auch Abschnitt 11.4). D ˛abrowska (2004) betrachtet psycholinguistische Beschränkungen<br />
für mögliche <strong>Grammatiktheorie</strong>n.<br />
10 Tree Adjoining <strong>Grammar</strong><br />
Tree Adjoining <strong>Grammar</strong> (TAG) wurde von Aravind Joshi an der Universität Pennsylvania<br />
in den USA entwickelt (Joshi, Levy und Takahashi: 1975). Viele wichtige Dissertationen<br />
sind an der Universität Pennsylvania von Aravind Joshi und Anthony Kroch betreut worden<br />
(z. B. Rambow: 1994). Andere Forschungszentren mit TAG-Schwerpunkt sind Paris 7<br />
(Anne Abeillé), die Columbia University in den USA (Owen Rambow) und Tübingen<br />
(Laura Kallmeyer).<br />
Größere Arbeiten zum Deutschen sind Rambow: 1994; Gerdes: 2002b. 1<br />
TAG bzw. TAG-Varianten mit entsprechenden Erweiterungen sind interessant, weil man<br />
annimmt, dass dieser Grammatikformalismus von seiner Ausdrucksmächtigkeit ziemlich<br />
genau das kann, was Menschen auch können, wenn sie natürliche Sprache produzieren<br />
oder rezipieren. Die Ausdrucksmächtigkeit der Generalisierten Phrasenstrukturgrammatik<br />
wurde bewusst so beschränkt, dass sie der der kontextfreien Phrasenstrukturgrammatiken<br />
(Typ-2-Sprachen) entspricht, und es konnte gezeigt werden, dass diese zu gering ist (Shieber:<br />
1985; Culy: 1985). 2 <strong>Grammatiktheorie</strong>n wie HPSG und CxG können sogenannte Typ-<br />
0-Sprachen erzeugen bzw. beschreiben und liegen damit weit über der Komplexität, die<br />
man gegenwärtig für natürliche Sprachen annimmt. Es wird angenommen, dass die Komplexität<br />
irgendwo zwischen den kontextfreien und den kontextsensitiven (Typ-1) Sprachen<br />
liegt. Die entsprechende Klasse wird schwach kontextsensitiv (mildly context sensitive)<br />
genannt. Bestimmte TAG-Varianten liegen innerhalb dieser Sprachklasse, und man geht<br />
davon aus, dass sie genau die Strukturen erzeugen können, die in natürlichen Sprachen<br />
vorkommen. Zur Komplexitätsdiskussion siehe auch Abschnitt 10.6.3 und Abschnitt 11.6.<br />
Es gibt verschiedene Systeme zur Verarbeitung von TAG-Varianten (Doran, Hockey,<br />
Sarkar, Srinivas und Xia: 2000; Parmentier, Kallmeyer, Maier, Lichte und Dellert: 2008;<br />
Kallmeyer, Lichte, Maier, Parmentier, Dellert und Evang: 2008). Für folgende Sprachen<br />
existieren größere und kleinere implementierte TAG-Grammatiken:<br />
• Arabisch (Fraj, Zribi und Ahmed: 2008),<br />
• Deutsch (Rambow: 1994; Gerdes: 2002a; Kallmeyer und Yoon: 2004; Lichte: 2007),<br />
• Englisch (XTAG Research <strong>Group</strong>: 2001; Frank: 2002; Kroch und Joshi: 1987),<br />
• Französisch (Abeillé: 1988; Candito: 1996; 1998; 1999; Crabbé: 2005),<br />
• Italienisch (Candito: 1998; 1999),<br />
• Koreanisch (Han, Yoon, Kim und Palmer: 2000; Kallmeyer und Yoon: 2004),<br />
• Vietnamesisch (Le, Nguyen und Roussanaly: 2008)<br />
1 Ich bin des Französischen leider nicht mächtig, weshalb ich hier zwar auf die französischen Arbeiten verweisen,<br />
jedoch nichts über ihren Inhalt sagen kann.<br />
2 Siehe Pullum (1986) für einen historischen Überblick über die Komplexitätsdebatte und G. Müller: 2010<br />
für eine Argumentation für die nicht Kontextfreiheit des Deutschen, die parallel zu der von Culy unter<br />
Einbeziehung der NPN-Konstruktion (siehe Abschnitt 11.11.9.4) verläuft.