Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...
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154 6 Lexical Functional <strong>Grammar</strong><br />
6.1.2 Vollständigkeit (Completeness)<br />
Jeder Kopf bringt eine Beschränkung für den PRED-Wert in der zugehörigen f-Struktur<br />
mit. Durch die Bedingung der Vollständigkeit wird sichergestellt, dass Elemente, die in<br />
PRED verlangt werden, auch realisiert werden müssen: In (12b) fehlt ein Wert für OBJ,<br />
weshalb (12a) von der Theorie ausgeschlossen wird.<br />
(12) a. * David devoured.<br />
⎡<br />
⎤<br />
PRED �‘devour〈SUBJ,OBJ〉’<br />
�<br />
b. ⎣<br />
⎦<br />
SUBJ PRED ‘David’<br />
6.1.3 Kohärenz (Coherence)<br />
Die Kohärenz-Beschränkung verlangt, dass alle Argumentfunktionen in einer f-Struktur<br />
im Wert des lokalen PRED-Attributs selegiert sein müssen. (13a) ist ausgeschlossen, da<br />
COMP nicht bei den Argumenten von devour auftaucht.<br />
(13) a. * David devoured a sandwich that Peter sleeps.<br />
⎡<br />
⎤<br />
PRED ‘devour〈SUBJ,OBJ〉’<br />
⎢<br />
⎢SUBJ<br />
[ PRED ‘David’ ] ⎥<br />
⎢ � � ⎥<br />
⎢ SPEC A<br />
⎥<br />
⎢OBJ<br />
⎥<br />
b. ⎢ PRED ‘sandwich’ ⎥<br />
⎢ ⎡<br />
⎤⎥<br />
⎢ PRED ‘sleep〈SUBJ〉’ ⎥<br />
⎢<br />
� � ⎥<br />
⎣COMP<br />
⎣<br />
⎦⎥<br />
SUBJ PRED ‘Peter’ ⎦<br />
Die Bedingungen Vollständigkeit und Kohärenz sorgen zusammen dafür, dass genau die in<br />
der PRED-Spezifikation verlangten Argumente realisiert werden. Die beiden Bedingungen<br />
entsprechen dem Theta-Kriterium in der GB-Theorie (siehe Seite 66). 5<br />
6.1.4 Beschränkung der c-Struktur/f-Struktur-Beziehung<br />
Symbole in c-Strukturen werden mit Beschränkungen für f-Strukturen versehen. Dabei<br />
werden folgende Symbole benutzt: ‘↑’ bezieht sich auf die f-Struktur des unmittelbar dominierenden<br />
Knotens und ‘↓’ auf die f-Struktur des c-Struktur-Knotens, an dem die Annotation<br />
steht. Eine Annotation, die man oft findet ist ‘↑ = ↓’. Diese Beschränkung besagt,<br />
dass die f-Struktur des Mutterknotens identisch ist mit der f-Struktur der annotierten Kategorie:<br />
(14) V ′ → V<br />
↑ = ↓<br />
f-Struktur der Mutter = eigene f-Struktur<br />
5 Zu Unterschieden zwischen den Prädikat-Argument-Strukturen in der LFG und dem tiefenstrukturorientierten<br />
Theta-Kriterium siehe Bresnan und Kaplan: 1982, xxvi–xxviii.<br />
6.1 Allgemeines zum Repräsentationsformat 155<br />
Die Annotation ‘↑ = ↓’ steht unter dem Kopf einer Struktur.<br />
Phrasen, die durch die annotierte c-Struktur in (14) lizenziert sind, lassen sich wie folgt<br />
visualisieren:<br />
(15) V ′<br />
V<br />
[ ]<br />
(16) zeigt eine V ′ -Regel mit einem Objekt:<br />
(16) V ′ → V<br />
↑ = ↓<br />
NP<br />
(↑ OBJ) = ↓<br />
Die Annotation an der NP bedeutet, dass die f-Struktur des Knotens unterhalb von NP mit<br />
dem OBJ-Wert in der f-Struktur der Mutter identisch ist. Das lässt sich graphisch wie in<br />
(17) darstellen:<br />
(17) V ′<br />
V NP<br />
h i<br />
OBJ [ ]<br />
In der Gleichung (↑ OBJ) = ↓ entsprechen ‘↑’ und ‘↓’ Merkmalstrukturen, ‘↑’ und ‘↓’<br />
stehen für das f bzw. g in Gleichungen wie (6).<br />
Die Pfeile ‘↑’ und ‘↓’ werden mit der gleichen Bedeutung in Lexikoneinträgen verwendet.<br />
(18) zeigt ein Beispiel für ein intransitives Verb und (19) die entsprechende Visualisierung:<br />
(18) sneezed V (↑ PRED) = ‘SNEEZE〈SUBJ 〉’<br />
(↑ TENSE) = PAST<br />
(19) V<br />
sneezed<br />
6.1.5 Semantik<br />
" #<br />
PRED ‘SNEEZE〈SUBJ 〉’<br />
TENSE PAST<br />
Nach Dalrymple (2006) ist die Glue-Semantik in der LFG der dominante Ansatz zur Semantikkonstruktion<br />
(Dalrymple et al.: 1993; Dalrymple: 2001, Kapitel 8) aber es gab auch<br />
Varianten, in denen Kamps Diskursrepräsentationsstrukturen (Kamp und Reyle: 1993) verwendet<br />
wurden (Frey und Reyle: 1983a;b).<br />
Im Folgenden wird die Glue-Semantik ausführlicher dargestellt. 6 Im Glue-basierten<br />
Ansatz geht man davon aus, dass die f-Struktur die syntaktische Repräsentationsebene<br />
ist, die maßgeblich für die Konstruktion des semantischen Beitrags einer Phrase ist, d. h.,<br />
dass im Gegensatz zur GB-Theorie nicht Baumpositionen von Argumenten sondern funktionale<br />
Relationen wie SUBJ und OBJ für die Bedeutungsbestimmung eine wesentliche<br />
Rolle spielen. Im Glue-Ansatz nimmt man an, dass jede Teilstruktur der f-Struktur einer<br />
semantischen Ressource entspricht, die mit einer Bedeutung verbunden ist, und dass die<br />
6 Der folgende Abschnitt ist eine Übersetzung des entsprechenden Abschnitts in Dalrymple: 2006.