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Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...

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404 11 Diskussion<br />

Die lexikalischen Köpfe in (212) müssen also Information darüber enthalten, dass sie aus<br />

syntaktischen Gründen expletive Subjekte und/oder Reflexivpronomina benötigen, die keine<br />

Argumentstelle füllen. Es muss sichergestellt werden, dass keines dieser Verben in der<br />

[Sbj IntrVerb] Konstruktion für intransitive Verben vorkommt.<br />

Die Konsequenz ist, dass man Muster annehmen muss, die das Verb einschließen (Croft,<br />

LTAG), oder dass man zwei Hierarchien annehmen muss: eine für detaillierte phrasale<br />

Muster und eine für Köpfe mit ihren Valenzeigenschaften. Siehe z. B. Haugereid: 2007 für<br />

eine Implementation des letzten Ansatzes in HPSG. Vertreter des letzten Ansatzes müssen<br />

sich aber die Frage gefallen lassen, warum man phrasale Schemata für verschiedene<br />

Kopf-Argument-Kombinationen annehmen sollte, wenn man ohnehin Valenzinformation<br />

braucht. Da die valenzbasierte Analyse von Sätzen wie (212) sich in ihren Vorhersagen<br />

nicht von der phrasalen unterscheidet, spricht Ockhams Rasiermesser eindeutig für die<br />

valenzbasierte Analyse.<br />

11.11.6 Erzwungene Umdeutung (Coercion)<br />

Von Wissenschaftlern, die mit einem Stöpselansatz arbeiten, wird oft die Erzwingung<br />

(Coercion) als Beispiel dafür angeführt, dass phrasale Konstruktionen sinnvoll sind. Anatol<br />

Stefanowitsch (Ringvorlesung, Algorithmen und Muster — Strukturen in der Sprache,<br />

2009) hat in diesem Zusammenhang den Beleg in (213) diskutiert:<br />

(213) Das Tor zur Welt Hrnglb öffnete sich ohne Vorwarnung und verschlang [sie] . . . die<br />

Welt Hrnglb wird von Magiern erschaffen, die Träume zu Realität formen können,<br />

aber nicht in der Lage sind zu träumen. Haltet aus, Freunde. Und ihr da draußen,<br />

bitte träumt ihnen ein Tor. 91<br />

Hier wird argumentiert, dass das Verb träumen, das eigentlich ein intransitives Verb ist, in<br />

die Ditransitiv-Konstruktion hineingezwungen wurde und dadurch die gesamte Äußerung<br />

die entsprechende Bedeutung bekommen hat. Dieses Hineinzwingen entspricht dem Überschreiben<br />

von Verbeigenschaften durch die Eigenschaften der phrasalen Konstruktion.<br />

Für solche Fälle lässt sich aber eine andere Erklärung finden. Statt einfach etwas irgendwo<br />

hineinzuwürgen, wo es nicht hineinpasst, kann man es auch vorher passend machen<br />

und dann einsetzen. Der zweite Ansatz kann mit Lexikonregeln modelliert werden, d. h.,<br />

an Stellen, an denen in Stöpselansätzen angenommen wird, dass Information überschrieben<br />

bzw. ergänzt werden kann, wird bei lexikalischen Ansätzen angenommen, dass es eine<br />

vermittelnde Lexikonregel gibt. Briscoe und Copestake (1999, Abschnitt 4) haben den lexikonbasierten<br />

Ansatz detailliert ausgearbeitet. 92 Sie diskutieren die ditransitiven Sätze in<br />

(214), die entweder der prototypischen Ditransitiv-Konstruktion entsprechen (214a) oder<br />

auf unterschiedliche Art und Weise von ihr abweichen.<br />

(214) a. Mary gave Joe a present.<br />

b. Joe painted Sally a picture.<br />

c. Mary promised Joe a new car.<br />

d. He tipped Bill two pounds.<br />

91 http://www.elbenwaldforum.de/showflat.php?Cat=&Board=Tolkiens_Werke&Number=1457418&page=3<br />

&view=collapsed&sb=5&o=&fpart=16 . 27.02.2010.<br />

92 Kay (2005), der im Rahmen der CxG arbeitet, schlägt ebenfalls unäre Konstruktionen vor.<br />

11.11 Phrasale vs. lexikalische Analysen 405<br />

e. The medicine brought him relief.<br />

f. The music lent the party a festive air.<br />

g. Jo gave Bob a punch.<br />

h. He blew his wife a kiss.<br />

i. She smiled herself an upgrade.<br />

Für entsprechende Beispiele nehmen sie Lexikonregeln an, die transitive bzw. intransitive<br />

Verben zu ditransitiven in Beziehung setzten und den entsprechenden Semantikbeitrag<br />

beisteuern bzw. die metaphorische Erweiterung vornehmen. Das Beispiel in (214i) ist dem<br />

obigen träumen-Beispiel sehr ähnlich und wird ebenfalls über eine Lexikonregel analysiert<br />

(Seite 509). Briscoe und Copestake merken an, dass diese Lexikonregel eine sehr viel<br />

eingeschränktere Produktivität hat, als die anderen Lexikonregeln, die sie vorschlagen.<br />

Im Abschnitt 5 entwickeln sie eine Repräsentationsform, in der Lexikoneinträge (auch<br />

durch Lexikonregeln abgeleitete) mit Wahrscheinlichkeiten versehen werden, so dass die<br />

Produktivitätsunterschiede erfasst werden können.<br />

Copestake und Briscoe (1992, 116) diskutieren Verwendungen von Tierbezeichnungen<br />

als Stoffnomen. In Beispielen wie (215) geht es um die Substanz (Hasenmatsch), nicht um<br />

einen niedlichen Hasen.<br />

(215) After several lorries had run over the body, there was rabbit splattered all over the<br />

road.<br />

Die Autoren schlagen eine Lexikonregel vor, die ein Zählnomen zu einem Stoffnomen in<br />

Beziehung setzt. Dieser Analyse schließt sich auch Fillmore (1999, 114–115) an.<br />

11.11.7 Koordination<br />

In der Kategorialgrammatik gibt es eine sehr elegante Behandlung der Koordination (siehe<br />

z. B. Steedman: 1991). Eine Generalisierung in Bezug auf die sogenannte symmetrische<br />

Koordination ist, dass zwei Objekte mit gleichen syntaktischen Eigenschaften zu einem<br />

Objekt mit denselben Eigenschaften verbunden werden. Im Zusammenhang mit der Motivation<br />

der Merkmalsgeometrie in HPSG auf Seite 194 haben wir entsprechende Daten<br />

bereits kennengelernt. Sie sind hier als (216) wiederholt:<br />

(216) a. [der Mann] und [die Frau]<br />

b. Er [kennt] und [liebt] diese Schallplatte.<br />

c. Er ist [dumm] und [arrogant].<br />

Steedman (1991) analysiert Beispiele wie die in (216) mit einer einzigen Regel:<br />

(217) X conj X ⇒ X<br />

Diese Regel verbindet zwei Kategorien derselben Art mit einer Konjunktion in der Mitte<br />

zu einer Kategorie, die dieselben syntaktischen Eigenschaften wie die Konjunkte haben.<br />

93 Abbildung 11.34 auf der folgenden Seite zeigt die Analyse von (216a) und Abbil-<br />

93 Alternativ kann man alle drei Beispiele mit einem einzigen Lexikoneintrag für die Konjunktion und analysieren:<br />

und ist ein Funktor, der rechts von sich eine Phrase einer beliebigen Kategorie verlangt und nach der<br />

Kombination mit diesem Element, links von sich dann ein Element derselben Kategorie braucht, um nach

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