Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...
Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...
Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
436 A Lösungen zu den Übungsaufgaben<br />
Allerdings muss man im Auge behalten, was das Ziel der <strong>Grammatiktheorie</strong> ist.<br />
Setzt man sich zum Ziel unser menschliches Sprachvermögen zu beschreiben, so<br />
kann eine Grammatik mit mehr Regeln die bessere sein. Das liegt daran, dass psycholinguistische<br />
Forschungen gezeigt haben, dass hochfrequente Einheiten einfach<br />
als ganze in unseren Köpfen abgespeichert sind und nicht jedes mal neu aus Einzelteilen<br />
aufgebaut werden, obwohl wir natürlich prinzipiell in der Lage dazu wären.<br />
3. Das Problem besteht darin, dass man mit diesen Regeln eine ganz leere Nominalphrase<br />
ableiten kann (siehe Abbildung A.1). Diese Nominalphrase könnte man dann<br />
NP<br />
Det N<br />
N<br />
_ _<br />
Abbildung A.1: Nominalphrasen ohne sichtbaren Determinator und ohne sichtbares Nomen<br />
an allen Stellen einsetzen, an denen normalerweise gefüllte NPen stehen müssen.<br />
Man würde damit Wortfolgen wie die in (3) analysieren können, wobei das Subjekt<br />
von schläft mit Hilfe der leeren NP realisiert worden ist:<br />
(3) * Ich glaube, dass schläft.<br />
Das Problem lässt sich mit Hilfe eines Merkmals lösen, das festhält, ob die linke Peripherie<br />
der N leer ist. Bei gefüllten Ns und N mit mindestens einem Adjektiv ist der<br />
Wert ‘–’, ansonsten ‘+’. Leere Determinatoren dürfen dann nur mit Ns kombiniert<br />
werden, die den Wert ‘–’ haben. Siehe Netter: 1994.<br />
4. Wenn Bücher als NP im Lexikon steht, müssen Adjektive wie interessant NPen<br />
modifizieren können, damit Phrasen wie (4) analysierbar sind.<br />
(4) interessante Bücher<br />
Wenn aber Adjektive mit NPen kombiniert werden können, bleibt zu erklären, wieso<br />
(5) ungrammatisch ist.<br />
(5) interessante die Bücher<br />
5. Adjektivphrasen wie die in (6) kann man nicht analysieren, da die Gradangabe zwischen<br />
dem Komplement und dem Adjektiv steht:<br />
(6) der auf seinen Sohn sehr stolze Vater<br />
A.2 Phrasenstrukturgrammatiken 437<br />
Man muss entweder zulassen, dass Spezifikatoren vor Komplementen mit ihrem<br />
Kopf verbunden werden können, oder dass Linien in Bäumen sich kreuzen dürfen,<br />
oder man muss annehmen, dass das Deutsche wie das Englische ist, aber die Adjektivkomplemente<br />
im Deutschen obligatorisch vor den Spezifikator umgestellt werden<br />
müssen. Zur Beschreibung solcher Umstellungen siehe Kapitel 3, zur Diskussion der<br />
X-Theorie siehe Abschnitt 11.1.1.2.<br />
6. Schreiben Sie eine Phrasenstrukturgrammatik, mit der man u. a. die Sätze in (7)<br />
analysieren kann, die die Wortfolgen in (8) aber nicht zulässt.<br />
(7) a. Der Mann hilft der Frau.<br />
b. Er gibt ihr das Buch.<br />
c. Er wartet auf ein Wunder.<br />
(8) a. * Der Mann hilft er.<br />
b. * Er gibt ihr den Buch.<br />
Damit die letzten beiden Sätze ausgeschlossen sind, muss die Grammatik Kasusinformation<br />
enthalten. Die folgende Grammatik leistet das Gewünschte:<br />
(9) a. s → np(nom) v(nom_dat), np(dat)<br />
b. s → np(nom), v(nom_dat_akk), np(dat), np(akk)<br />
c. s → np(nom), v(nom_pp_auf), pp(auf,akk)<br />
d. pp(Pform,Kas) → p(Pform,Kas), np(Kas)<br />
e. np(Kas) → d(Kas), n(Kas)<br />
f. v(nom_dat) → hilft<br />
g. v(nom_dat_akk) → gibt<br />
h. np(dat) → ihr<br />
i. d(nom) → der<br />
j. d(dat) → der<br />
k. d(akk) → das<br />
l. d(akk) → ein<br />
m. n(nom) → mann<br />
n. n(dat) → frau<br />
o. n(akk) → buch<br />
p. n(akk) → wunder<br />
q. p(auf,akk) → auf