24.10.2012 Aufrufe

Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...

Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...

Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

180 7 Kategorialgrammatik<br />

brauchen noch zwei Erweiterungen der Kategorialgrammatik: Typanhebung (type raising)<br />

und Vorwärts- bzw. Rückwärtskomposition. Diese beiden Operationen werden wir uns in<br />

den folgenden Abschnitten ansehen.<br />

7.5.1 Type Raising<br />

Die Kategorie np kann durch Typanhebung (type raising) in die Kategorie (s/(s\np)) umgewandelt<br />

werden. Kombiniert man diese Kategorie mit (s\np) erhält man dasselbe Ergebnis<br />

wie bei einer Kombination von np und (s\np) mit der Regel für die Vorwärtsapplikation<br />

in (2). (22a) zeigt die Kombination der NP mit einer VP (einem Satz, dem links eine NP<br />

fehlt). (22b) zeigt die Kombination der typangehobenen NP mit der VP.<br />

(22) a. np * s\np = s<br />

b. s/(s\np) * s\np = s<br />

In (22a) selegiert ein Verb bzw. eine Verbphrase links von sich eine NP (s\np), in (22b)<br />

selegiert eine typangehobene NP rechts von sich ein Verb oder eine Verbphrase, das bzw.<br />

die links von sich eine NP erwartet (s\np).<br />

Durch Typanhebung wird lediglich die Selektionsrichtung umgedreht: In (22a) ist die<br />

VP der Funktor und die NP das Argument, in (22b) ist die angehobene NP der Funktor<br />

und die VP das Argument. Das Ergebnis der Kombination ist in beiden Fällen das gleiche.<br />

Diese Änderung der Selektionsrichtung mag wie ein Taschenspielertrick aussehen, wir<br />

werden jedoch gleich sehen, dass dieser Trick recht nützlich ist. Vorher führen wir jedoch<br />

noch die Vorwärts- und Rückwärtskomposition ein.<br />

7.5.2 Vorwärts- und Rückwärtskomposition<br />

(23) zeigt die Regeln für Vorwärts- bzw. Rückwärtskomposition.<br />

(23) a. Vorwärtskomposition (> B)<br />

X/Y * Y/Z = X/Z<br />

b. Rückwärtskomposition (< B)<br />

Y\Z * X\Y = X\Z<br />

Die Regeln sollen am Beispiel der Vorwärtskomposition erklärt werden. (23a) kann man<br />

wie folgt verstehen: X/Y heißt soviel wie: Wenn ich Y finde, bin ich ein vollständiges<br />

X. In der Kombinationsregel wird das X/Y mit Y/Z kombiniert. Y/Z steht für ein Y, dem<br />

aber noch ein Z fehlt. Man kann also einfach die Anforderung, dass noch ein Z gefunden<br />

werden muss, damit man ein vollständiges Y hat, zurückstellen. Wenn man also X/Y mit<br />

Y/Z verbindet, bekommt man etwas, das ein X ist, wenn es noch mit einem Z verbunden<br />

wird.<br />

7.5.3 Die Analyse der Fernabhängigkeiten<br />

Mit der Anwendung der Vorwärtskomposition können wir jetzt Harry must have been eating<br />

die Kategorie s/np zuordnen. Abbildung 7.10 auf der gegenüberliegenden Seite zeigt<br />

das im Überblick. Dabei ist must ein Verb, das eine VP in der unmarkierten Infinitivform<br />

verlangt, have verlangt ein Partizip und been verlangt ein Gerundium. In der Abbildung<br />

7.5 Fernabhängigkeiten 181<br />

These apples Harry must have been eating<br />

>T<br />

np s/(s\np) (s\np)/vp vp/vp-en vp-en/vp-ing vp-ing/np<br />

>B<br />

s/vp<br />

>B<br />

s/vp-en<br />

>B<br />

s/vp-ing<br />

>B<br />

s/np<br />

Abbildung 7.10: Anwendung der Vorwärtskomposition auf VP-Ketten<br />

stehen Pfeile mit kleinem ‘T’ für Typanhebungen und Pfeile mit einem ‘B’ für Kompositionen.<br />

Die Kompositionsrichtung ist jeweils durch die Pfeilrichtung angegeben.<br />

Zur Analyse von (21a) fehlt jetzt nur noch ein kleines Detail: eine Regel, die die NP<br />

am Satzanfang in einen Funktor umwandelt, der mit s/np kombiniert werden kann. Die<br />

normale Typanhebung leistet das nicht, denn sie produziert s/(s\np), gebraucht wird aber<br />

s/(s/np).<br />

Steedman (1989, 217) schlägt deshalb die Regel in (24) vor:<br />

(24) Topicalization (↑):<br />

X ⇒ st/(s/X)<br />

wobei X ∈ { NP, PP, VP, AP, S ′ }<br />

st steht für eine bestimmte Art von Satz, nämlich genau die mit Topikalisierungsstruktur.<br />

Setzt man für X np ein, so kann man these apples in st/(s/np) umwandeln und kann die<br />

Analyse von (21a) wie in Abbildung 7.11 beenden.<br />

These apples Harry must have been eating<br />

>↑ >T<br />

st/(s/np) s/(s\np) (s\np)/vp vp/vp-en vp-en/vp-ing vp-ing/np<br />

>B<br />

s/vp<br />

>B<br />

s/vp-en<br />

>B<br />

s/vp-ing<br />

>B<br />

s/np<br />

><br />

st<br />

Abbildung 7.11: Analyse von Fernabhängigkeiten in der Kategorialgrammatik<br />

Der hier vorgestellte Mechanismus funktioniert natürlich auch für Abhängigkeiten, die<br />

über die Satzgrenze hinweggehen. Abbildung 7.12 auf der nächsten Seite zeigt die Analyse<br />

für (25):<br />

(25) Apples, I believe that Harry eats.<br />

Mit den bisher vorgestellten Mitteln kann man jedoch nur solche Extraktionen erklären, in<br />

denen das vorangestellte Element im Satz ohne Voranstellung am rechten Rand der Phrase<br />

steht. Das heißt, Sätze in denen das mittlere Argument eines dreistelligen Verbs extrahiert

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!