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Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...

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176 7 Kategorialgrammatik<br />

7.2 Passiv<br />

Das Passiv wird in der Kategorialgrammatik mittels einer Lexikonregel analysiert (Dowty:<br />

1978, 412; Dowty: 2003, Abschnitt 3.4). (10) zeigt die Regel aus Dowty: 2003, 49.<br />

(10) Syntax: α ∈ (s\np)/np → PST-PART(α) ∈ PstP/npby<br />

Semantik: α ′ → λyλxα ′ (y)(x)<br />

Hierbei steht PstP für Past Participle und npby ist eine Abkürzung für einen Verbphrasenmodifikator<br />

der Form vp\vp bzw. (s\np)\(s\np). Die Regel besagt Folgendes: Wenn<br />

ein Wort zu der Menge der Wörter gehört, die die Kategorie (s\np)/np haben, dann gehört<br />

das Wort mit past-participle-Morphologie in die Menge der Wörter mit der Kategorie<br />

PstP/npby.<br />

(11a) zeigt den Lexikoneintrag für das transitive Verb touch und (11b) das Ergebnis der<br />

Regelanwendung:<br />

(11) a. touch: (s\np)/np<br />

b. touched: PstP/npby<br />

Das Hilfsverb was hat die Kategorie (s\np)/PstP und die Präposition by die Kategorie<br />

npby/np bzw. unabgekürzt ((s\np)\(s\np))/np. Damit lässt sich dann (12) wie in Abbildung<br />

7.6 analysieren.<br />

(12) John was touched by Mary.<br />

John was touched by Mary.<br />

np (s\np)/PstP<br />

LR<br />

PstP/npby npby/np<br />

npby<br />

np<br />

><br />

PstP<br />

><br />

s\np<br />

><br />

s<br />

<<br />

Abbildung 7.6: Analyse des Passivs mittels Lexikonregel<br />

Die Frage, wie das Satzpaar in (13) analysiert werden kann, bleibt offen. 4<br />

(13) a. He gave the book to Mary.<br />

b. The book was given to Mary.<br />

gave hat die Kategorie ((s\np)/pp)/np, d. h., das Verb muss zuerst mit einer NP (the book),<br />

dann mit einer PP (to Mary) und erst dann mit einem Subjekt kombiniert werden. Das<br />

Problem ist nun, dass man die Regel in (10) nicht auf das gave mit to-PP anwenden kann,<br />

da in ((s\np)/pp)/np zwischen den beiden np-Argumenten noch das pp-Argument steht.<br />

Man muss die Regel in (10) also irgendwie durch Einführung neuer technischer Mittel<br />

generalisieren 5 oder weitere Regeln für Fälle wie (13b) annehmen.<br />

4 Ich danke Roland Schäfer dafür, dass er mich auf diese Daten hingewiesen hat.<br />

5 Baldridge (p. M. 2010) schlägt die Verwendung regulärer Ausdrücke in einer allgemeinen Passivlexikonregel<br />

vor.<br />

7.3 Verbstellung 177<br />

7.3 Verbstellung<br />

Steedman (2000, 159) hat für das Niederländische eine Analyse mit variabler Verzweigung<br />

vorgeschlagen, d. h., es gibt zwei Lexikoneinträge für at (‘essen’): einen, der initial<br />

steht und seine Argumente rechts von sich nimmt, und einen, der final steht und seine<br />

Argumente links von sich nimmt:<br />

(14) a. at (‘essen’) mit Verbletztstellung: (s+SUB\np)\np<br />

b. at (‘essen’) mit Verberststellung: (s−SUB/np)/np<br />

Steedman verwendet das Merkmal SUB, um untergeordnete von nicht untergeordneten<br />

Sätzen unterscheiden zu können. Die beiden Lexikoneinträge werden über Lexikonregeln<br />

zueinander in Beziehung gesetzt.<br />

Hierbei ist zu beachten, dass die NPen in verschiedenen Reihenfolgen mit dem Verb<br />

kombiniert werden müssen. Die Normalstellung entspricht:<br />

(15) a. mit Verbletztstellung: (s+SUB\np[nom])\np[acc]<br />

b. mit Verberststellung: (s−SUB/np[acc])/np[nom]<br />

Die entsprechenden Ableitungen für deutsche Sätze mit einem zweistelligen Verb sind<br />

in den Abbildungen 7.7 und 7.8 zu sehen. In Abbildung 7.7 wird das Verb zuerst mit<br />

er ihn isst<br />

np[nom] np[acc] (s+SUB\np[nom])\np[acc]<br />

<<br />

s+SUB\np[nom]<br />

<<br />

s+SUB<br />

Abbildung 7.7: Analyse von Sätzen mit Verbletztstellung nach Steedman<br />

isst er ihn<br />

((s−SUB/np[acc])/np[nom] np[nom] np[acc]<br />

><br />

s−SUB/np[acc]<br />

><br />

s−SUB<br />

Abbildung 7.8: Analyse von Sätzen mit Verberststellung nach Steedman<br />

dem Akkusativobjekt kombiniert, wohingegen in Abbildung 7.8 das Verb zuerst mit dem<br />

Subjekt kombiniert wird. Zur Kritik an solchen Analysen mit variabler Verzweigung siehe<br />

Netter: 1992; Müller: 2005a.<br />

Jacobs (1991) entwickelt eine Analyse, die der Verbbewegungsanalyse aus der GB entspricht.<br />

Er geht von der Verbletztstellung aus, d. h., es gibt für Verben einen Lexikoneintrag,<br />

in dem Argumente links des Verbs selegiert werden: für ein transitives Verb ergibt<br />

sich also der Eintrag in (16a). Zusätzlich gibt es eine Spur in Verbletztstellung, die die<br />

Argumente des Verbs und das Verb in Erststellung selbst als Argument verlangt. Wie diese<br />

Verbspur für den Fall eines transitiven Verbs in Erststellung aussehen würde, zeigt (16b):

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