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Grammatiktheorie - German Grammar Group FU Berlin - Freie ...

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54 2 Phrasenstrukturgrammatik<br />

AP<br />

A<br />

A<br />

proud<br />

AP<br />

AdvP A<br />

A<br />

very proud<br />

AP<br />

A<br />

A PP<br />

proud of his son<br />

Abbildung 2.8: Englische Adjektivphrasen<br />

AP<br />

AdvP A<br />

A PP<br />

very proud of his son<br />

Im Abschnitt 2.2 wurde gezeigt, wie man sehr spezifische Phrasenstrukturregeln zu allgemeineren<br />

Regelschemata generalisieren kann. Dabei werden die Eigenschaften wie Person,<br />

Numerus und Genus nicht mehr in den Kategoriesymbolen kodiert, sondern es werden<br />

nur einfache Kategoriesymbole wie NP, Det und N verwendet. Über Werte von Merkmalen<br />

muss man nur etwas sagen, wenn das im jeweiligen Regelkontext relevant ist. Diese Abstraktion<br />

lässt sich noch weiter treiben: Statt explizite Kategoriesymbole wie N, V, P und<br />

A bzw. NP, VP, PP und AP zu verwenden, kann man auch für die Wortart Variablen verwenden<br />

und z. B. von X und XP sprechen. Eine solche Form der Abstraktion findet man<br />

in der X-Theorie (sprich X-bar-Theorie), die von Chomsky (1970) entwickelt und von<br />

Jackendoff (1977) weiter ausgearbeitet wurde. Diese Form abstrakter Regeln spielt in den<br />

verschiedensten Theorien eine Rolle. Beispielhaft seien erwähnt: Government & Binding<br />

(Kapitel 3), Generalized Phrase Structure <strong>Grammar</strong> (Kapitel 4) und Lexical Functional<br />

<strong>Grammar</strong> (Kapitel 6). In der HPSG (Kapitel 8) spielt die X-Theorie ebenfalls eine Rolle,<br />

es werden aber nicht alle Beschränkungen des X-Schemas übernommen.<br />

(66) zeigt X-Regeln, eine mögliche Instantiierung, in der für X die Kategorie N eingesetzt<br />

wurde, und Beispielwortgruppen, die mit den Regeln abgeleitet werden können:<br />

(66) X-Regel mit Kategorien Beispiel<br />

X → Spezifikator X N → DET N das [Bild von Paris]<br />

X → X Adjunkt N → N REL_SATZ [Bild von Paris] [das alle<br />

kennen]<br />

X → Adjunkt X N → A N schöne [Bild von Paris]<br />

X → X Komplement∗ N → N P Bild [von Paris]<br />

Für X kann aber auch jede andere Wortart eingesetzt werden (z. B. V, A oder P). Das<br />

englische bar bedeutet Balken. Das X ohne Balken steht in den obigen Regeln für ein<br />

lexikalisches Element. Man schreibt auch X 0 , wenn man die Bar-Stufe explizit kenntlich<br />

machen will. So, wie wir in der Regel (15) den Kasus-Wert von Determinator und Nomen<br />

nicht angegeben haben, sondern nur verlangt haben, dass die Werte der jeweils in die<br />

rechte Regelseite eingesetzten Konstituenten übereinstimmen, so wird in den Regeln in<br />

(66) verlangt, dass die Wortart eines Elements auf der rechten Regelseite (X bzw. X) mit<br />

einem Element auf der linken Regelseite (X bzw. X) übereinstimmt.<br />

Ein lexikalisches Element kann mit all seinen Komplementen kombiniert werden. Der<br />

‘*’ in der letzten Regel steht für beliebig viele Wiederholungen des Symbols, hinter dem<br />

er steht. Ein Spezialfall ist das nullfache Vorkommen von Komplementen. In das Bild gibt<br />

2.5 Die X-Theorie 55<br />

es kein PP-Komplement von Bild, so dass N ohne Verzweigung zu N wird. Das Ergebnis<br />

der Kombination eines lexikalischen Elements mit seinen Komplementen ist eine neue<br />

Projektionsstufe von X: die Projektionsstufe eins, markiert durch einen Balken. X kann<br />

dann mit Adjunkten kombiniert werden. Diese können links oder rechts von X stehen. Das<br />

Ergebnis der Kombination ist wieder ein X, d. h., die Projektionsstufe wird durch die Kombination<br />

mit Adjunkten nicht verändert. Vollständige Projektionen, Maximalprojektionen<br />

also, werden durch zwei Balken markiert. Für ein X mit zwei Balken schreibt man auch<br />

XP. Eine XP besteht aus einem Spezifikator und einem X. Je nach theoretischer Ausprägung<br />

zählen Subjekte von Sätzen (Haider: 1995; 1997a; Berman: 2003a, Abschnitt 3.2.2)<br />

und Determinatoren in Nominalphrasen (Chomsky: 1970, 210) zu den Spezifikatoren. In<br />

der Adjektivgruppe werden Gradangaben (Chomsky: 1970, 210) und in der Präpositionalphrase<br />

Maßangaben zu den Spezifikatoren gezählt.<br />

In Nicht-Kopf-Positionen dürfen nur Maximalprojektionen vorkommen, deshalb befinden<br />

sich über Komplement, Adjunkt und Spezifikator jeweils zwei Balken. Abbildung 2.9<br />

zeigt überblickshaft den minimalen und maximalen Ausbau von Phrasen. Für manche Ka-<br />

XP<br />

X ′<br />

X<br />

XP<br />

Spezifikator X ′<br />

Adjunkt X ′<br />

Komplement X<br />

Abbildung 2.9: Minimaler und maximaler Ausbau von Phrasen<br />

tegorien gibt es keinen Spezifikator, oder er ist optional. Adjunkte sind optional, weshalb<br />

es nicht unbedingt ein X ′ mit Adjunkttochter geben muss. Zusätzlich zu den eingezeichneten<br />

Verzweigungen in der rechten Abbildung werden mitunter Adjunkte an XP und Kopfadjunkte<br />

an X zugelassen. In (66) gibt es nur eine Regel für den Fall, dass der Kopf vor den<br />

Komplementen steht, aber natürlich ist auch die Abfolge Komplement vor Kopf zulässig.<br />

Diese ist in Abbildung 2.9 dargestellt.<br />

Abbildung 2.10 auf der folgenden Seite zeigt als Beispiel für entsprechende Nominalstrukturen<br />

die Analysen für das Bild und für das schöne Bild von Paris. Beispiele für den<br />

minimalen Ausbau stellen die Determinatorphrasen in Abbildung 2.10 und der Baum für<br />

proud in Abbildung 2.8 dar. Der linke Baum in Abbildung 2.10 ist auch ein Beispiel für<br />

eine Struktur ohne Adjunkt. Die rechte Struktur in Abbildung 2.10 ist ein Beispiel für den<br />

maximalen Ausbau einer Phrase.<br />

In der in Abbildung 2.10 dargestellten Analyse geht man davon aus, dass wirklich alle<br />

Nicht-Köpfe in einer Regel Phrasen sind, man nimmt also auch an, dass es eine Determinatorphrase<br />

gibt, obwohl die Determinatoren nicht mit anderen Elementen kombiniert wer-

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