Heft als PDF-Datei - Wildcat
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Viele versuchen sich aber auch in allen Formen des Kleinhandels und im<br />
Dienstleistungssektor. In die Industriestädte des Südostens ziehen Frauen<br />
und arbeiten in den neuen Schuh-, Textil-, Elektronik- und Plastikfabriken.<br />
Eine große Zahl von jungen Frauen arbeitet <strong>als</strong> Haushelferinnen. In<br />
Shenzhen und anderen Boomtowns wohnen inzwischen mehr Leute mit<br />
legaler befristeter Aufenthaltserlaubnis (und noch mehr »Illegale«) <strong>als</strong><br />
»normale« Stadtbewohner.<br />
Die Mingong werden auf mannigfaltige Art abgezockt und diskriminiert:<br />
Von maßlosen Gebühren, die von den Stadtverwaltungen erhoben<br />
werden, und Verfolgung durch die Polizei über Schmiergelder, die an Beamte<br />
und Arbeitsvermittler zu zahlen sind, dramatischer Wohnungsnot<br />
und niedrigen Löhnen, prekären Arbeitsbedingungen, weitgehendem Ausschluß<br />
aus allen Sozialleistungen bis hin zu alltäglicher Diskriminierung<br />
im Supermarkt oder im Restaurant. In Beijing gibt es eine Liste von 37<br />
Branchen, in denen Wanderarbeiter nicht arbeiten dürfen. Sie sollen in<br />
Jobs wie Haushelferin oder Bauarbeit gedrängt werden, die von den<br />
städtischen Arbeitern (z.B. den Entlassenen der Staatsbetriebe) nicht<br />
angenommen werden. 8<br />
Dabei bilden sich Ghettos in den Vorstädten, in denen sich Leute aus<br />
der gleichen Herkunftsgegend zusammenfinden. Im Zheijang-Viertel von<br />
Beijing, früher Ackerfläche und ein Schlachthof, wohnten 1994 mehr <strong>als</strong><br />
100 000 Menschen aus der Provinz Zheijang. Es gab selbstorganisierte<br />
Krankenstationen, Schulen und zeitweise eine eigene Miliz − für die<br />
Beijinger Polizei war Zheijang eine No-Go-Area. 9 Es wird geschätzt, daß<br />
von den 100 000 Kindern von Wanderarbeitern in Beijing im Grundschulalter<br />
nur 12,5 Prozent in offizielle Schulen gehen; es soll 300 Untergrundschulen<br />
geben. 10 Nicht alle Kinder haben die Chance, eine dieser Schulen<br />
zu besuchen: Kinderarbeit ist inzwischen eine fast selbstverständliche<br />
Normalität nicht nur auf dem Land, sondern in den Städten.<br />
Die Mingong wohnen in Kleinstwohnungen oder in Barackensiedlungen;<br />
die Bauarbeiter schlafen auf den Baustellen und die Fabrikarbeiterinnen<br />
sind in der Fabrik kaserniert. Alle, die sich »illegal« (und auch<br />
viele, die sich legal) in den Städten aufhalten, sind jederzeit von Verhaftung,<br />
Internierung, Zwangsarbeit und Rücktransport (für den sie selber<br />
zahlen müssen) bedroht.<br />
Nach einer Untersuchung der KP-Jugend in Guangdong arbeiteten<br />
80 Prozent der Mingong mehr <strong>als</strong> zehn Stunden täglich, und fast die<br />
Juli 2002 45