Heft als PDF-Datei - Wildcat
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Hälfte gab an, meistens auch an den Wochenenden durchzuarbeiten. Den<br />
meisten schuldeten die Unternehmer Löhne, und mehr <strong>als</strong> zwei Drittel<br />
hatten keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, was eigentlich Vorschrift wäre.<br />
Zehn Prozent wußten noch nicht einmal, was ein Arbeitsvertrag ist. 11<br />
Die Arbeitsbedingungen in den Sweatshops mit ausländischem Kapital<br />
sind oft katastrophal. Junge Arbeiterinnen vom Land sind noch leicht zu<br />
finden und werden mit 25 Jahren sowieso entlassen − dem offiziellen<br />
Heiratsalter in China. Die Fabriken sehen zu, die Herkunftsorte zu mischen,<br />
um die Verständigung und damit die Solidarisierung zu erschweren<br />
12 . Die Frauen wohnen oft über den Werkstätten und kommen nur selten<br />
raus aus der Fabrik. Willkürliche Strafen sind an der Tagesordnung.<br />
Vieles davon widerspricht den chinesischen Arbeitsgesetzen, aber niemand<br />
kümmert sich darum; die lokalen Beamten werden mit Geschenken<br />
oder einem Managerjob für einen Verwandten belohnt. Oder wollen nur<br />
die ausländischen Investoren nicht stören. Die Regeln, die sich manche<br />
großen Konzerne wie Nike nach Protesten in den USA und anderswo<br />
gegeben haben, werden durch ein System von Sub-Sub-Unternehmern<br />
untergraben. Wenn tatsächlich einmal Inspektoren eine Fabrik besuchen<br />
sollten, dann tun sie es immer mit Vorankündigung. 13<br />
Die naheliegende Form des Kampfs für eine derartige Arbeiterschicht<br />
ist das, was die Behörden <strong>als</strong> »Kriminalität« bezeichnen, und tatsächlich<br />
werden alle Polizei- und Verwaltungsaktionen gegen die WanderarbeiterInnen<br />
genau damit begründet. Es gibt auch gezieltere Formen dieser<br />
»Kriminalität«. So werden immer öfter Fälle bekannt, wo Bosse von<br />
verzweifelten Arbeitern umgebracht werden. Für Schlagzeilen sorgte<br />
Ende letzten Jahres die Entführung eines Unternehmerehepaares aus den<br />
USA (chinesischer Abstammung), das den 500 Beschäftigten seiner<br />
Spielzeugfabrik in Sheyang, Jiangsu, ungefähr 55 000 US$ schuldete. Der<br />
Mann wurde 20 Tage lang festgehalten, während die Frau in die USA geschickt<br />
wurde, um das Geld aufzutreiben. Nach der Zahlung von 7000<br />
US$ wurde er dann freigelassen.<br />
Immer häufiger wird nicht nur im China Labour Bulletin 14 berichtet,<br />
daß sich Journalisten, Anwälte und andere die Sache der Arbeiter, vor<br />
allem der Wanderarbeiter zu eigen machen. Es mehren sich Nachrichten<br />
von Verurteilungen zu oft langjährigen Haftstrafen wegen Beteiligung an<br />
Arbeiteraktionen. Am 30. Mai wurden z.B. Hu Mingjun und Wang Sen in<br />
Dazhou (Sichuan) zu elf bzw. zehn Jahren Haft wegen »Subversion«<br />
46 Beilage <strong>Wildcat</strong>-Zirkular 64