22.09.2013 Aufrufe

Heft als PDF-Datei - Wildcat

Heft als PDF-Datei - Wildcat

Heft als PDF-Datei - Wildcat

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

dadurch aus, daß viele Neue dazukommen, Leute, die ihr bisheriges Leben radikal<br />

umkrempeln. Das findet doch bisher nicht statt − eigentlich können wir (noch?)<br />

nicht von einer Bewegung sprechen….<br />

M: Für junge Leute ist es nicht sehr riskant, ein Risiko einzugehen: das Studium zu<br />

unterbrechen o.ä. − sie haben noch keine Familie usw. − und du kannst dein<br />

Studium jederzeit wieder aufnehmen. Andererseits könnte ich sagen, das sind Leute,<br />

die machen einen richtigen, großen Bruch, das ist absolut wichtig, das ändert alles:<br />

ihre Meinung, ihr bisheriges Leben usw. Wir könnten aber genausogut sagen: was<br />

wird aus ihnen in 5, 6 Jahren geworden sein? - Dazu hab ich keine Ahnung, wirklich<br />

nicht!<br />

W: Wir sollten die Frage nach der Aufbruchstimmung nicht zu einem moralischen<br />

Argument umdrehen, à la »wir erwarten von jeder und jedem, die sich einer revolutionären<br />

Bewegung anschließt, daß sie einen radikalen Bruch macht« −mit diesem<br />

Argument haben die Anti-Imps in den 80er Jahren die Bewegung von innen heraus<br />

kaputt gemacht: wer mehr <strong>als</strong> einen Schlafsack und ein paar Kampfstiefel hat, ist<br />

schon ins System integriert usw.. Diese Mythologie des »radikalen Bruchs« dient<br />

heute der postmodernen Beliebigkeit <strong>als</strong> Argument: »weil der radikale Bruch f<strong>als</strong>ch<br />

war, machen wir auf Beliebigkeit. Ich mache beruflich Karriere, mische in der Pop-<br />

Kultur mit und politisch engagiere ich mich ein bißchen und schreibe in der Arranca!«<br />

−Deshalb bin ich an diesem Punkt sehr vorsichtig.<br />

F: Natürlich muß sich jede/r überlegen, was sie oder er aus seinem Leben macht. Ich<br />

muß doch sehen, wie ich in dieser Gesellschaft zurechtkomme. Ich habe gewisse<br />

Wünsche, und da muß ich sehen, daß ich möglichst wenig arbeite, um mehr Zeit für<br />

mich zu haben. Kann ich trotzdem einen Job haben, der zumindest mich nicht ganz<br />

so stark entfremdet? Ich muß mir über mein Leben Gedanken machen, wie komm<br />

ich am besten zurande. Das ist bisher die Schwäche der Bewegung: es sind zu<br />

wenige aktiv und deshalb können sie sich in solchen Punkten gar keine radikaleren<br />

Gedanken machen.<br />

M: Die jungen Leute wollen Aktivisten sein, ihr eigenes Leben führen usw. Sie<br />

haben einen wichtigen Bruch gemacht, sind aber schlau genug zu wissen, daß es ein<br />

großes Risiko gibt, daß es ihnen so wie ihren Eltern geht, die auch einen Bruch<br />

machen wollten und heute hohe Chefs in Unternehmen, Dozenten usw. geworden<br />

sind. Deshalb bedeutet es meiner Generation nichts mehr, zu sagen »Ich bin<br />

Revolutionär für mein ganzes Leben«; denn es gibt immer die Möglichkeit, sich zu<br />

de-radikalisieren. Ich sehe das positiv, weil es den Realismus der Bewegung zeigt,<br />

Juli 2002 33

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!