Heft als PDF-Datei - Wildcat
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die EU auf diese Weise wirtschaftlich geschwächt werden. Sowohl die EU<br />
wie China sind stark von Öl- und Gasimporten abhängig und haben daher<br />
ein starkes Interesse an der Entwicklung der kaspischen Reserven, deren<br />
Anbindung an das russisch-europäische Pipelinenetz bereits gegeben ist. Die<br />
USA bestehen aber darauf, von Rußland und vom Iran unabhängige Zugänge<br />
zu den kaspischen Reserven zu schaffen, um an ihrer Kontrolle beteiligt zu<br />
sein. Möglich ist dies nur durch die Türkei (das Pipelineprojekt durch<br />
kurdisches Gebiet zum Mittelmeerhafen Ceyan) oder technisch günstiger<br />
durch Afghanistan.<br />
Bücher wie die von Brzezinski oder Huntington (»Krieg der Kulturen«)<br />
sind <strong>als</strong> Auftragsarbeiten für den CIA entstanden. Das Interessante an ihnen<br />
ist nicht ihr »wissenschaftlicher Gehalt«, sondern ihre Bedeutung <strong>als</strong> Richtlinien<br />
und Handlungsanleitungen für die Politik. So wie Huntington ein<br />
neues Bedrohungszenario entwirft, das dem Kapitalismus mit dem Ende des<br />
»Kalten Krieges« abhanden gekommen war, so formuliert Brzezinski geostrategische<br />
Ziele für den Machterhalt der USA.<br />
Zentralasien rückte in den Mittelpunkt der strategischen Überlegungen,<br />
weil die politischen Anbindungen hier nach 1990 offen blieben und die<br />
Region zusammen mit dem Kaukasus neue (aber immer noch fragliche)<br />
Perspektiven der Öl- und Gasförderung bietet. Die Gefahr einer steigenden<br />
Abhängigkeit der USA von Ölimporten aus dem Mittleren Osten wird seit<br />
den 90er Jahren diskutiert; gleichzeitig hatte der Golfkrieg von 1991 gezeigt,<br />
wie problematisch eine zu große Einflußnahme auf diese Region ist. Das<br />
Phänomen Bin Laden ist letztlich ein Produkt des Golfkriegs, der die<br />
innenpolitische Opposition in Ländern wie Saudi-Arabien gegen die Zusammenarbeit<br />
mit den USA gefördert hatte. Es ist zwar heute nicht mehr die<br />
Rede davon, daß die Öl- und Gasreserven am Kaspischen Meer eine Alternative<br />
zu den weltweit größten und am billigsten ausbeutbaren Reserven des<br />
Mittleren Ostens darstellen. Daher wird überall nach neuen Förderquellen<br />
gesucht − in Alaska wie in Westafrika oder Mittelamerika. Aber in Zentralasien<br />
überlagern sich allgemeine geostrategische Ziele mit der verzweifelten<br />
Suche nach Ersatzgebieten für die schon jetzt zunehmende Abhängigkeit von<br />
arabischem Öl.<br />
An dem zunächst geplatzten Enron-Deal in Indien wird noch etwas<br />
anderes klar: es geht nicht allein um die Abhängigkeit der USA von Ölimporten,<br />
sondern um die Verwertungsketten des Erdöls auf der ganzen<br />
Welt. Die höchsten Zuwachsraten des Ölverbrauchs werden für Asien,<br />
Juli 2002 45