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Friedenstruppe in Kabul. Obwohl der NATO-Bündnisfall erklärt worden war,<br />
hatten die USA − anders <strong>als</strong> im Kosovo − bewußt darauf verzichtet, von ihm<br />
Gebrauch zu machen, sondern behielten sich das Oberkommando vor und<br />
bestimmten das Vorgehen.<br />
Immer wieder verhinderten die US-Militärs auch gegen heftigen Protest<br />
von Milizenführern der Nordallianz die bisher in Afghanistan übliche Praxis<br />
der Kapitulation und anschließenden Freilassung von Gefangenen (mit Ausnahme<br />
des erwähnten Falls von Kunduz, wo das Verhältnis zu Pakistan und<br />
die innenpolitische Stabilität des Landes auf dem Spiel stand). Einmal<br />
rutschte Rumsfeld sogar das bekannte »Gefangene werden nicht gemacht«<br />
heraus. Das Massaker an Gefangenen bei Mazar-i-Sharif ging auf diese<br />
Haltung und die bewußte Provokation des US-Militärs zurück − und es war<br />
zugleich ein Signal an die Nordallianz selber.<br />
Die Bush-Regierung hatte die Nordallianzmilizen zunächst davor gewarnt,<br />
auf Kabul vorzurücken und die Stadt einzunehmen. Militärisch waren<br />
sie aber auf diese Bodentruppen angewiesen, um massenhafte eigene Verluste<br />
zu verhindern − die seit Vietnam <strong>als</strong> innenpolitisch nicht durchsetzbar<br />
gelten. In den USA und in Großbritannien wird seit einiger Zeit laut darüber<br />
nachgedacht, sich in der Kriegsführung bezahlter Söldnertruppen zu bedienen.<br />
Für die USA erfüllte die Nordallianz in Afghanistan diese Funktion. Die<br />
Kriegsführung gegen die Taliban oder Al-Quaeda-Kämpfer und ihre ausgeprägte<br />
Grausamkeit diente daher immer auch der Durchsetzung des Gewaltmonopols<br />
gegenüber den »verbündeten« Milizen. Mittlerweile hat bereits der<br />
Prozeß eingesetzt, in dem einzelne, vom Präsidenten Karsai ausgesuchte<br />
Milizen zum militärischen Feind des neuen Staates erklärt und vom US-<br />
Militär entsprechend behandelt werden.<br />
Alle Fragen der humanitären Hilfe und der Etablierung einer eigenen<br />
Staatlichkeit wurden bisher rigoros dem militärischen Machtanspruch der<br />
USA untergeordnet. Z.B. weigerten sich die USA beim letzten Wintereinbruch<br />
ganz offen, Lebensmittel-Hilfskonvois militärisch abzusichern. Der<br />
Vorschlag, das Einsatzgebiet der Friedenstruppe über Kabul auszudehnen,<br />
wurde zurückgewiesen. Anfangs muckte sogar der von den USA eingesetzte<br />
Präsident Karsai gegen die fortgesetzten Bombardierungen auf, über die es<br />
gelegentlich zu Verstimmungen mit anderen westlichen Verbündeten kam<br />
(französische Bomberpiloten verweigerten einmal die vom US-Militär angeordneten<br />
Einsätze wegen der offensichtlichen Gefährdung der Zivilbevölkerung).<br />
Trotz solcher Differenzen zwischen den westlichen Angreifern auf<br />
Juli 2002 49