Heft als PDF-Datei - Wildcat
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Tschetschenien schon lange praktiziert!) und sein Unterlaufen der OPEC-<br />
Ölpreispolitik <strong>als</strong> alternativer Ölproduzent für den Westen ins Spiel zu<br />
bringen − bemüht sich aber weiterhin um die Kooperation mit China in<br />
dieser Region.<br />
Hinter all diesen Facetten der Konkurrenz zwischen verschiedenen<br />
Macht- und Wirtschaftsblöcken steht die Frage nach der Perspektive der<br />
kapitalistischen Verwertung <strong>als</strong> globalem Prozeß; dies umschließt die Sicherung<br />
des Öls <strong>als</strong> zentralem Schmiermittel der kapitalistischen Akkumulation<br />
(daher auch der Irak <strong>als</strong> nächstes Angriffsziel: aufgrund des drohenden<br />
Wegbrechens Saudi-Arabiens wird dringend ein neuer stabiler Brückenkopf<br />
in der Region gebraucht) sowie die Durchsetzung kapitalistischer Strukturen<br />
in Zentralasien. Auch wenn Zentralasien die idealen sozialen Bedingungen<br />
für Ölförderung aufweist (ein Gebiet von der Größe Indiens mit einer<br />
Bevölkerung von lediglich 55 Millionen Menschen), so sind auch Ölfelder<br />
und Pipelines an stabile Verhältnisse gebunden. Ein Beispiel aus dem<br />
Kaukasus verdeutlicht das Problem: Die us-amerikanische Elektrizitätsfirma<br />
AES, die in Georgien E-Werke und Leitungsnetze betreibt, steht kurz vor<br />
dem Ruin, da sie aufgrund des stark verbreiteten Stromdiebstahls bisher nur<br />
für 65 Prozent des produzierten Stroms Zahlungen verbuchen kann. Daß mit<br />
dem Betrieb von Ölpipelines ähnliche Probleme verbunden sind, ist aus<br />
Ländern wie Nigeria usw. bekannt.<br />
Das eigentliche Problem sind nicht ethnische Konflikte, die überall mit<br />
Verweis auf die Steinzeit heraufbeschworen und bei Bedarf sehr massiv<br />
geschürt werden, sondern die erst noch durchzusetzende Geltung des bürgerlichen<br />
Eigentums und des Geldes. Historisch gelang diese nie mit reiner<br />
Gewaltanwendung, sondern bedurfte der gleichzeitigen Reichtumsentwicklung<br />
und der Einbindung der Proletarier über den Lohn. Eben dafür gibt es<br />
angesichts der Krise der Weltökonomie heute keine absehbare Perspektive.<br />
Mit Krieg und Warlordisierung lassen sich alte Strukturen zerstören, die der<br />
Kapitalentwicklung im Wege stehen − aber keine Entwicklungsprozesse in<br />
Gang setzen. Der Vergleich mit Schumpeters »schöpferischer Zerstörung«<br />
paßt daher hier nicht, weil er unterstellt, wir hätten es schon mit einer neuen<br />
Akkumulationsdynamik zu tun.<br />
Juli 2002 47