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eine Ausweitung der Proteste droht: Nicht nur die Solidaritätsaktionen auf<br />

anderen Ölfeldern bereiten Kopfzerbrechen, sondern vor allem die Bewegungen<br />

im ca. 400 km entfernten Liaoyang und im Kohlerevier Fushun.<br />

Am 22. März besetzt ein Großaufgebot von Polizei und Militär die<br />

Plätze, an denen sich die Leute versammelt haben. Das aber verhindert<br />

weitere Demos nicht. Die Erdölverwaltung läßt Flugblätter verteilen und<br />

im Lokalfernsehen Mitteilungen verlesen, in denen alles <strong>als</strong> ein Mißverständnis<br />

dargestellt wird. Den noch beschäftigten Arbeitern wird eine<br />

Lohnerhöhung in Aussicht gestellt. Die Proteste sollen danach etwas abgeflaut<br />

sein. Bis Ende März werden bis zu 60 Menschen verhaftet, offenbar<br />

auf der Jagd nach den Aktivisten des Untergrundkomitees. Ganz beendet<br />

wurden die Aktionen nicht. Am 20. April werden wieder »Rädelsführer«<br />

verhaftet; auch das hat nicht den erwünschten Erfolg. Auch nicht<br />

die offizielle Veranstaltung eines 1. Mai-Singe-Wettbewerbs auf dem<br />

Platz des »Eisernen Wang«, auf dem die Kundgebungen stattfinden. Die<br />

Aktionen gehen weiter, die Demonstranten ändern ihre Taktik: Es werden<br />

keine Parolen mehr gerufen, weil alle, die damit anfangen, Gefahr laufen,<br />

verhaftet zu werden oder zu verschwinden. Am 27. Mai, 13 Wochen nach<br />

Beginn der Proteste, versammeln sich aberm<strong>als</strong> mehr <strong>als</strong> 10 000 Menschen.<br />

Die letzte Information ist vom 3. Juni: eine Straße beim Platz wird<br />

blockiert.<br />

Liaoyang, die 1,7-Millionenstadt in der alten Schwerindustrieprovinz<br />

Liaoning, ist ganz besonders betroffen vom Reformprogramm der Staatsbetriebe:<br />

bis zu 80 Prozent der ArbeiterInnen der Stadt sollen in Wirklichkeit<br />

»Freigestellte« sein. Fabrikhallen stehen leer, manche sind von Businessmen<br />

wieder <strong>als</strong> Lager oder Hinterhofklitschen in Betrieb genommen.<br />

Es gibt offenbar schon lange eine informelle Untergrundorganisation,<br />

deren Kern Arbeiter des FerroAlloy-Werks (Eisenlegierungen) bilden. Die<br />

Arbeiter dieser Fabrik haben eine längere Kampfgeschichte. Im Mai 2000<br />

demonstrierten bis zu 5000 Arbeiter und Freigestellte der FerroAlloy,<br />

weil sie seit zum Teil 16 Monaten keinen Lohn bekommen hatten. Bei<br />

mitternächtlichen Auseinandersetzungen mit 900 Polizisten waren an die<br />

50 Arbeiter verletzt und einige verhaftet worden, woraufhin am nächsten<br />

Tag erneut 1000 Menschen die Stadtverwaltung blockierten. 23 Im Oktober<br />

2001 blockierten 1000 Arbeiter der FerroAlloy erneut die Autobahn, um<br />

gegen die Schließung des Werks zu demonstrieren − für sie eine Folge<br />

Juli 2002 51

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