Heft als PDF-Datei - Wildcat
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Auch in Liaoyang ist die Bewegung vielleicht noch nicht zuende. Es<br />
geht vor allem um die Freilassung der sechs Verhafteten, aber auch um<br />
den Kampf gegen Korruption. Die Arbeiter sind offenbar hochorganisiert:<br />
z.B. sammeln sie Geld, um älteren und behinderten KollegInnen die<br />
Taxifahrt zu den Kundgebungen zu finanzieren. 26<br />
Die Repression bedient sich wie in Daqing zweier Taktiken: erstens<br />
einer starken Präsenz von Sicherheitsorganen in der Stadt zur Einschüchterung<br />
der Bevölkerung und zweitens der Jagd nach den Rädelsführern,<br />
nach den Aktivisten der Untergrundorganisation.<br />
Am 16.4. brechen Zivilpolizisten in die Wohnung eines Aktivisten<br />
ein, schlagen ihn zusammen und verhaften ihn; er wird später aber wieder<br />
freigelassen. Bei den Aktionen werden Auseinandersetzungen mit der<br />
Polizei möglichst vermieden, und nur selten gelingt es Zivilbullen, die<br />
Leute zu provozieren. Am 15. Mai versammeln sich erneut einige hundert<br />
Arbeiter der FerroAlloy vor der Stadtverwaltung. Als Zivilpolizisten<br />
versuchen, die Transparente anzugreifen, kommt es zu Rempeleien, bei<br />
denen eine ältere Arbeiterin geschlagen wird. Ihr Sohn stellt die Polizisten<br />
zur Rede und wird zusammengeschlagen und festgenommen.<br />
Während der Unruhen in Liaoyang und Daqing kommt es im ganzen Land<br />
zu Streiks und Protesten in anderen staatseigenen Betrieben: TextilarbeiterInnen<br />
in Guangyuan, Sichuan; ElektronikarbeiterInnen in Dongguan bei<br />
Guangzhou; Stahlarbeiter in Guiyang, Provinz Guizhou. Ob sie direkt von<br />
diesen Kämpfen inspiriert sind, ist nicht bekannt. Die Behörden beschuldigen<br />
die »ausländischen Medien«, bzw. eine »ausländische Schwarze<br />
Hand«, die Unruhen anzustiften. Gemeint sind wohl die Exil-Gruppen von<br />
Arbeiter- und Demokratieaktivisten. Aber auch der ICFTU (Internationale<br />
Konföderation Freier Gewerkschaften) hat eine offizielle Beschwerde bei<br />
der ILO (Int. Arbeitsorganisation der UN) gegen China eingereicht. Am<br />
26. Mai wurde in Liaoyang eine Solidaritätsdelegation der in Paris beheimateten<br />
International Labour Solidarity Alliance von Sicherheitskräften<br />
festgenommen und nach Hong Kong zurückgeschickt.<br />
Direkt von Daqing und Liaoyang inspirieren lassen sich die Bergarbeiter<br />
in den Kohlerevieren von Fushun und Fuxin, ebenfalls in der<br />
Provinz Liaoning. Bis zu 6000 in Fushun und 3000 in Fuxin blockierten<br />
Mitte März die Zuglinien, um gegen die von der Bergwerksverwaltung<br />
angedrohten Bedingungen der Entlassung zu protestieren. Um die aus Da-<br />
Juli 2002 53