Heft als PDF-Datei - Wildcat
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Auf dem Weg zu einem neuen Kolonialismus?<br />
Der intellektuelle Streit um die Neuordnung der Welt beruht nicht auf<br />
theoretischen Problemen, sondern auf den objektiven Widersprüchlichkeiten.<br />
Unabhängig von der modischen linken Debatte um das »Empire« von<br />
Hardt/Negri hat sich seit dem 11.9./7.10. eine Debatte um Imperialismus und<br />
Imperium in rechten Kreisen der USA entwickelt. In dieser Debatte wird ein<br />
positives Bekenntnis zum Imperialismus gefordert, wobei u.a. geschichtliche<br />
Umdeutungen des historischen Imperialismus zu einer notwendigen Verteidigungsmaßnahme<br />
der zivilisierten Länder gegen das um sich greifende<br />
Piratenwesen vorgenommen werden. Historiker und Politologen fordern die<br />
USA auf, sich positiv zu ihrer Rolle <strong>als</strong> einzige »imperiale« Macht oder <strong>als</strong><br />
Empire zu bekennen und verweisen darauf, daß die USA heute gemessen an<br />
ihrer militärischen Dominanz weit mehr Empire sind, <strong>als</strong> es Rom oder<br />
England je gewesen sind. Es fehle nur die richtige Einstellung der Regierungen<br />
und Haltung der Öffentlichkeit dazu, um daraus eine konsequente<br />
Politik abzuleiten.<br />
Die rechte Debatte geht davon aus, daß es mit den Mitteln der Entwicklungshilfe<br />
und der internationalen Diplomatie (»nation building«) nicht mehr<br />
möglich sei, in bestimmten Regionen der Welt die Ordnung aufrechtzuerhalten.<br />
In Ländern wie Afghanistan, Sierra Leone, Angola oder Somalia sei<br />
daher eine direkte Übernahme der Verwaltung des Landes − eben Kolonialismus<br />
(oder »Protektorate« oder »Mandatsgebiete«) − erforderlich. Und<br />
nur die USA verfügten über die militärische Kapazität, dies durchzusetzen.<br />
Zudem habe sich gezeigt, daß die UNO oder andere internationale Organisationen<br />
aufgrund ihrer »demokratischen« Verfahrensweise keine geeigneten<br />
Instrumente seien, das Erforderliche zu tun. Hier wird an der Legitimation<br />
für neue Formen imperialer oder direkt kolonialer Kontrolle durch die USA<br />
gearbeitet.<br />
(Nebenbei: die Argumente sind im Kern die gleichen, mit denen in der<br />
hiesigen provinziellen Debatte von den Antideutschen die weltweite »zivilisatorische<br />
Mission« der USA verteidigt wird. Ähnlich ist auch die angstbesetzte<br />
Propaganda mit Bildern vom Untergang im Chaos der unzivilisierten<br />
Horden, die über uns hereinbrechen − im Grunde trauert diese regressive<br />
»Linke« der Weltordnung des Kalten Krieges nach, die auch die einzige<br />
Ordnung in ihren Köpfen darstellte. Versatzstücke des spezifisch amerikani-<br />
Juli 2002 53