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vorbei, die Telekommunikationsindustrie befindet sich im freien Fall, die<br />

Türkei, Argentinien, Japan sind nur die bekanntesten Fälle von Ländern<br />

am Rande des wirtschaftlichen Kollaps − und Argentinien ist zudem ein<br />

Land, in dem die Menschen den Kampf gegen die Krise aufgenommen<br />

haben. In einer solchen Situation können Bewegungen vielfach stärkere<br />

Dynamiken <strong>als</strong> in stabilen Verhältnissen entfalten.<br />

8. Auch deswegen kann die Bewegung Vorläufer von viel weitergehenden<br />

sozialen Aufbrüchen sein.<br />

Aus all diesen Gründen ist es aber auch schwer, von einer »Bewegung« zu<br />

sprechen: Erstens ist das, was bisher hierzulande an die Oberfläche tritt,<br />

keine soziale Bewegung. Zweitens macht es gerade die Stärke der verschiedenen<br />

Initiativen aus, daß sie nicht eine Bewegung, sondern viele ist. Darüberhinaus<br />

ist der Begriff schwierig und mißverständlich: <strong>als</strong> in den 80er<br />

Jahren die »NSB« (Neuen Sozialen Bewegungen) zu einem universitären<br />

Forschungsobjekt wurden, ist er von »radikalen Reformisten« wie Joachim<br />

Hirsch, Roland Roth u.a. umgedreht worden. War in den 60ern und frühen<br />

70ern das movement selbstverständlich eine subversive, revolutionäre Angelegenheit,<br />

so versteht man seither darunter eine Mobilisierung, die auf<br />

Teilbereiche beschränkt ist und letztlich auf Integration in den bürgerlichen<br />

Staat abzielt. Die Totalität des Kapit<strong>als</strong> <strong>als</strong> Ausbeutungs- und Klassenverhältnis<br />

wird dabei ausgeblendet.<br />

Wichtiger <strong>als</strong> das Problem des Begriffes ist aber der erste Aspekt: »Bewegung«<br />

meint nicht einfach massenhaftes Verhalten in bestimmten, abgegrenzten<br />

Situationen, wie es die Proteste anlässlich der Gipfeltreffen<br />

darstellen; »soziale Bewegung« bedeutet immer massenhaften Bruch mit<br />

dem Bisherigen auch im eigenen Leben. Die »Antiglobalisierungsproteste«<br />

sind spektakulärer Ausdruck eines verbreiteten Unbehagens am Kapitalismus;<br />

aber auch die vielen untergründigen Strömungen und Netze sind bisher<br />

viel mehr politische Strukturen, und bestenfalls minoritäre Vorläufer von<br />

sozialen Bewegungen. Das Tragende sind bisher die »AktivistInnen« und<br />

nicht soziale Dynamiken. Das ist kein Vorwurf, der ausgerechnet den Aktiven<br />

zu machen wäre − aber gerade weil sie dieses Problem selber sehen,<br />

laufen sie womöglich in eine von zwei Fallen: sich selbst <strong>als</strong> schon »antikapitalistische<br />

Bewegung« zu imaginieren und/oder mit Soft-Avantgarde-<br />

Vorstellungen zu hantieren, die darauf rauslaufen, daß die anderen Menschen<br />

Juli 2002 11

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