22.09.2013 Aufrufe

Heft als PDF-Datei - Wildcat

Heft als PDF-Datei - Wildcat

Heft als PDF-Datei - Wildcat

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kollektive Praxis<br />

In den asambleas entstehen nicht nur Diskussionen und Beschlüsse,<br />

sondern auch eine gemeinsame Praxis. Neben den wöchentlichen Treffen<br />

auf der Straße arbeiten verschiedene Kommissionen an Vorschlägen und<br />

praktischer Vorbereitung, z.B. von Stadtteilfesten oder politischen Veranstaltungen.<br />

Als Überlebensstrategie in der Krise betreiben viele asambleas<br />

gemeinsame Gemüsegärten, oft auf besetzten Brachgeländen, und<br />

organisieren gemeinschaftliche Einkäufe. Manche organisieren solidarische<br />

Volksküchen für die Arbeitslosen im Stadtteil. Die Anonymität in<br />

den Stadtteilen ist aufgebrochen. Eine Diktatur könnte heute wahrscheinlich<br />

nicht mehr so einfach Menschen aus dem Stadtteil abholen und<br />

verschwinden lassen, ohne dass sich jemand einmischt ...<br />

Die Energiepreise und Stromabschaltungen wegen nicht bezahlter<br />

Rechnungen sind häufiges Thema. Unter der Parole ’Kein Nachbar ohne<br />

Strom’ organisieren viele asambleas Unterschriftenlisten für Sozialtarife,<br />

Aktionen und Bürobesetzungen bei den jeweiligen Büros der Stromerzeuger,<br />

und es gibt schöne Beispiele praktischer Selbsthilfe: aus einem<br />

Stadtteil wird berichtet, dass die asamblea eine kleine Eingreifgruppe von<br />

Klempnern und Elektrikern zusammengestellt hat, die im Fall von Stromabschaltungen<br />

auftauchen, um die Anschlüsse wieder anzuklemmen.<br />

Krise und neue Armut haben zu einem enormen Ansteigen der Obdachlosigkeit<br />

geführt. Überall in der Stadt sieht man Matratzen und<br />

Menschen, die sich auf der Straße einrichten. Viele sind von Zwangsräumungen<br />

bedroht, weil sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können, oder<br />

in besetzten Wohnungen und Gebäuden leben. Auch hier werden asambleas<br />

aktiv, mit rechtlicher und praktischer Unterstützung. Im April haben<br />

fünfzig entschlossene Menschen aus einer Piquetero-Organisation und der<br />

örtlichen asamblea trotz berittener Polizei mit Hunden den Abbruch einer<br />

bereits eingeleiteten Zwangsräumung erreicht, und die Rechtsanwältin<br />

konnte danach wieder neue Fristen rausschlagen.<br />

Wie weit die TeilnehmerInnen der asambleas in solche sozialen Konflikte<br />

eingreifen, ist je nach Stadtteil sehr unterschiedlich. In reicheren<br />

Stadtteilen kümmern sie sich lieber um sich selbst und ihr Eigentum, oder<br />

um Proteste gegen Kneipenlärm, oder ähnlich bewegende Themen. Ein<br />

großer Unterschied besteht zwischen den asambleas in der Stadt und<br />

denen der ärmeren Außenviertel von Gran Buenos Aires. In den Vororten<br />

Juli 2002 19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!