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Diese ArbeiterInnen können dann mit ihren Transferzahlungen nach<br />

Hause das Elend auf dem Land selbst wieder etwas mindern. Es gibt dort<br />

viele Familien, deren Einkommen im wesentlichen aus den Überweisungen<br />

der Verwandten aus den fernen Städten besteht.<br />

Und solche »Sozialpolitik« scheint nötig − das Land ist schon lange<br />

kein »ruhiges Hinterland« mehr. Ergänzend zu der repressiven Kontrolle<br />

der Wanderungsbewegungen hat die Regierung zwar einige wenige Ansätze<br />

von Regionalpolitik entwickelt, z.B. fördert sie landwirtschaftsnahe<br />

kommunale Betriebe in Städten auf dem Land, aber die Verarmung der<br />

Bauern kann sie nicht aufhalten. Diese haben gelernt, mit kollektiven<br />

Aktionen gegen Regionalchefs, Wahlmanipulationen, willkürliche Steuern<br />

und Abgaben, Enteignungen und Vertreibungen (z.B. im Zusammenhang<br />

mit dem Bau des Drei-Schluchten-Staudammes) zu protestieren. 1997 soll<br />

es nach Schätzungen aus »den Sicherheitsbehörden nahestehenden Quellen«<br />

mehr <strong>als</strong> 10 000 Bauernproteste gegeben haben, von kollektiven<br />

Petitionen bis hin zu Versuchen, Büros der Regierung aufzumischen oder<br />

in Banken einzubrechen. 6<br />

Für die Regierung ist es eine Gratwanderung: Einerseits muß sie die<br />

Abwanderung <strong>als</strong> Ventil zulassen und will sie auch, denn das Geheimnis<br />

des wirtschaftlichen Erfolgs Chinas beruht derzeit auf dem Angebot von<br />

extrem billiger Massenarbeitskraft für die Textil-, Schuh- und Elektronikfabriken<br />

und für die Bauwirtschaft; andererseits entsteht durch die<br />

Zusammenballung dieses neuen Proletariats in den Großstädten eine<br />

zunehmend unkontrollierbare und aufrührerische Situation.<br />

Die Mingong − das mobile Proletariat<br />

Auch wenn es in China relativ wenige ethnische Minderheiten im eigentlichen<br />

Sinn gibt (Mongolen, Uiguren, Tibeter), so ist der kulturelle Unterschied<br />

zwischen Stadt und Land in bezug auf Tradition und vor allem<br />

Sprache 7 so groß, daß WanderarbeiterInnen in den Städten zu ethnischen<br />

Minderheiten werden und von den Stadtbewohnern <strong>als</strong> solche erkannt und<br />

diskriminiert werden. Das Problem ist in den landnahen Kleinstädten<br />

nicht so groß, wohl aber in den großen Industriestädten im Osten.<br />

Die Mehrheit der Wanderarbeiter ist männlich. Nicht nur in Shanghai<br />

bilden sie die zentrale Arbeitskraft für den unwahrscheinlichen Bauboom.<br />

44 Beilage <strong>Wildcat</strong>-Zirkular 64

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