Quantitative Strukturanalyse vorsprachlicher Vokalisationen - OPUS ...
Quantitative Strukturanalyse vorsprachlicher Vokalisationen - OPUS ...
Quantitative Strukturanalyse vorsprachlicher Vokalisationen - OPUS ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
3<br />
Einleitung<br />
Säuglinge, deren Gaumen frühzeitig verschlossen wird auch frühzeitiger normgerechte<br />
phonetische Eigenschaften erwerben als Säuglinge, die später operiert werden. Dabei<br />
variiert der Zeitpunkt, der als „früh“ bzw. „spät“ angesehen wird, zwischen den Studien<br />
zum Teil beträchtlich (z.B.: Dorf/ Curtin, 1982 & O’Gara/ Logemann, 1988: vor bzw.<br />
nach dem 12. Monat; Henningsson, 1989: 12 versus 18 Monate). Allerdings berichten<br />
sowohl Henningsson (1989) als auch O’Gara/ Logemann (1988), daß unabhängig vom<br />
Zeitpunkt des Gaumenverschlusses bei allen Säuglingen mit orofazialen Spalten eine<br />
Verzögerung der vorsprachlichen Entwicklung im Vergleich zur gesunden<br />
Referenzgruppe ohne Spalten auftrat. Man erkennt bereits an diesen Beispielen die<br />
Schwierigkeiten bei der Interpretation vorliegender Studienergebnisse und den<br />
Forschungsbedarf auf diesem Gebiet.<br />
Zusätzlich vernachlässigen die genannten Studien den Entwicklungsaspekt vollständig.<br />
In den ersten 18 Lebensmonaten verläuft die vorsprachliche und beginnende sprachliche<br />
Entwicklung in einem rasanten Tempo und man kommt zwangsläufig zu<br />
Fehlinterpretationen der Befunde, wenn man die Produktionsleistungen der Kinder nicht<br />
in einem dichten zeitlichen Intervall erhebt und analysiert. Dies ist zwar für verlässliche<br />
Ergebnisse ein unverzichtbares, andererseits aber ausgesprochen zeitaufwändiges und<br />
mühevolles Unterfangen, dem sich bisher nur wenige Forscher bei der Analyse der<br />
vorsprachlichen Entwicklung von Säuglingen mit orofazialen Spalten gestellt haben<br />
(Wermke et al.; u.a. 2002; Meißner, 2003; Zeipert, 2004; Hauschildt, 2007).<br />
In Auswertung der bis zum Erscheinen ihres Buches vorliegenden Studien verweist<br />
Grunwell (1993) auf die Annahme, daß insbesondere eine Gaumenspalte dazu führt, daß<br />
betroffene Säuglinge in einer frühen prä-verbalen Entwicklungsphase aufgrund der<br />
Fehlbildung ein abweichendes phonetischen Repertoire verwenden. Wie alle Kinder<br />
verwenden auch die Säuglinge mit orofazialen Spalten dieses vorsprachlich erworbene<br />
Repertoire dann zur Produktion ihrer ersten Worte, die dadurch ebenfalls klanglich von<br />
den Wortproduktionen der Nichtspalten-Kinder abweichen. Damit bewegt sich ein Kind<br />
mit einer orofazialen Spalte bereits vorsprachlich auf einem abweichenden<br />
Entwicklungspfad, der bedingt durch die Komplexität der Einflussfaktoren beim<br />
weiteren Spracherwerb nur noch mehr oder weniger erfolgreich wieder verlassen<br />
werden kann. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit, bereits während der