Quantitative Strukturanalyse vorsprachlicher Vokalisationen - OPUS ...
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Zusammenfassung<br />
2752 Signale mittels qualitativ hochwertiger Aufnahmetechnik und standardisierter Analysen<br />
aufgezeichnet und ausgewertet und mit 1940 Signalen einer altersentsprechenden<br />
Kontrollgruppe ohne orofaziale Spalte verglichen. Die Signal-analyse erfolgte unter<br />
Verwendung des CSL-4300 Sprachanalysesystems der Firma KAY Elemetrics/ USA.<br />
Anschließend wurden eine quantitative und eine qualitative <strong>Strukturanalyse</strong> nach Wermke<br />
(2004) durchgeführt. Diese Art der Analyse ermöglichte einen direkten und objektiven<br />
Vergleich prosodierelevanter Eigenschaften <strong>vorsprachlicher</strong> Laute der Gruppe von<br />
Säuglingen mit orofazialen Spalten zur Kontrollgruppe.<br />
Durch die Analyse der maximalen Grundfrequenz (Fmax) konnte gezeigt werden, daß die hier<br />
untersuchte Gruppe von Kindern mit orofazialen Spalten keine erkennbaren Dysfunktionen<br />
laryngealer Regelmechanismen aufweist und damit die gefundenen Unterschiede zu der<br />
Kontrollgruppe in den Strukturmerkmalen und Merkmalen der Zeitorganisation andere<br />
Ursachen haben müssen.<br />
Es wurde gefunden, daß die untersuchte Gruppe von Säuglingen mit orofazialen Spalten im<br />
Vergleich zur Kontrollgruppe eine deutliche Entwicklungsverzögerung in bestimmten<br />
Aspekten der Zeitorganisation der Phonation sowohl von Schreien als auch von Übergangs-<br />
und Babbellauten aufweist. Diese Unterschiede bestanden unabhängig vom Tragen einer<br />
Gaumenplatte. Dies bedeutet, daß der potentielle positive Effekt, den die Gaumenplatte auf<br />
die früheste Sprech- und Sprachentwicklung hat im untersuchten Altersbereich bereits stabil<br />
verankert ist. Die gefundenen Unterschiede bestehen vor allem in einer verspäteten, bzw.<br />
deutlich selteneren spontanen Produktion von intentional segmentierten Lauten verschiedener<br />
Vokalisationstypen und in stark verlängerten Lauten bei den Säuglingen mit orofazialen<br />
Spalten. Derartige Besonderheiten sind bisher bei Säuglingen mit orofazialen Spalten nicht<br />
beschrieben worden, da vergleichbare quantitative Analysen nach unserer Kenntnis nicht<br />
vorliegen.<br />
Die Arbeit vergleicht eigene Befunde, soweit sinnvoll und möglich, mit bisherigen<br />
Erkenntnissen und versucht anhand der Daten Erklärungsansätze für die teilweise sehr<br />
widersprüchlichen Befunde anderer Autoren zu zeigen. Die Ergebnisse der vorliegenden<br />
Untersuchung liefern erstmalig wissenschaftliche Argumente für die Annahme, daß neben<br />
den rein morphologischen Besonderheiten des Vokaltrakts der Säuglinge mit orofazialen<br />
Spalten auch neurophysiologische Besonderheiten bei diesen Patienten auftreten.<br />
Weiterführende Studien an einer größeren Stichprobe unter strengerer Standardisierung sind<br />
erforderlich, um die Befunde zu evaluieren. Sollte sich dabei zeigen, daß die Zeitorganisation<br />
der Phonation tatsächlich, wie hier vermutet, eine essentielle Komponente zur<br />
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