Quantitative Strukturanalyse vorsprachlicher Vokalisationen - OPUS ...
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Diskussion<br />
Strukturkategorien im ersten Lebenshalbjahr nur gegeben sind, wenn die Gaumenplatte noch<br />
regelmäßig getragen wird. Im hier untersuchten zweiten Lebenshalbjahr scheint die<br />
Gaumenplatte weniger bedeutsam, da durch das Tragen in den ersten 6 Lebensmonaten<br />
bereits wichtige Trainingsprozesse annähernd regulär ablaufen konnten. Aber auch diese<br />
Vermutung kann nur durch eine Studie geprüft werden, in der tatsächlich eine Gruppe mit und<br />
die andere ohne kieferorthopädische Frühbehandlung betreut wird.<br />
Unabhängig von der kieferorthopädischen Frühbehandlung und anderen Behandlungen bleibt<br />
aber ein wesentlicher Befund der vorliegenden Untersuchung zu berücksichtigen: gefundene<br />
Unterschiede in der Zeitorganisation der Phonation zwischen der LKGS- und der KG-Gruppe<br />
(Kapitel 3.3) kann man nur durch die Annahme hirnphysiologischer Unterschiede in den der<br />
Lautproduktion zugrunde liegenden Regelmechanismen erklären, die zusätzlich zu den<br />
peripheren Veränderungen des Vokaltraktes auftreten. Aufgrund der kleinen Probandenzahl<br />
war es zwar nicht möglich, Korrelationen zwischen Punktwerten in den Sprachuntertests und<br />
vorsprachlichen Meßgrößen vorzunehmen. Dies könnte aber eine aussichtsreiche Strategie<br />
sein, um vorsprachliche Prädikatoren für die Sprachentwicklung bei Säuglingen mit<br />
orofazialen Spalten zu identifizieren und sollte in zukünftigen Studien eventuell<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die Annahme einer hirnphysiologischen Besonderheit der an der Lautproduktion beteiligten<br />
Mechanismen bei Säuglingen mit orofazialen Spalten wird durch die Untersuchung von<br />
Cheour et al. (1999) unterstützt. Diese Studie hat gezeigt, daß bereits unmittelbar nach Geburt<br />
bei Säuglingen mit orofazialen Spalten Abweichungen bezüglich der zeitlichen<br />
Wahrnehmung auditiver Muster vorkommen. Auch wenn diese Studie bezüglich der<br />
Klassifikation der Spalten relativ grob ist, gibt sie zumindest einen Hinweis darauf, daß von<br />
Anfang an in einem für den Sprech- und Spracherwerb wichtigen Hirnareal funktionelle<br />
Besonderheiten vorliegen können. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bestätigen diese<br />
Hypothese. In zukünftigen Untersuchungen wäre es sinnvoll, die vorgestellten quantitativen<br />
Analysen in Abhängigkeit vom Spalttyp durchzuführen. Es ist zu erwarten, daß einige<br />
Säuglinge mit isolierten Gaumenspalten von den übrigen Säuglingen mit orofazialen Spalten<br />
in besonderer Weise bezüglich dieser hirnphysiologischen Besonderheiten abweichen.<br />
Einige Autoren behaupten, daß Sprachentwicklungsverzögerungen bei Kindern mit einer<br />
Gaumensegelspalte genetisch verursacht sein könnten, verursacht durch eine Dysfunktion des<br />
auditiven Kurzzeitgedächtnisses (Richman and Eliason, 1984; Ceponiene et al., 1999).<br />
Richman und Eliason (1984) zeigten, daß eine Gruppe von Kindern mit Gaumensegelspalten<br />
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