POWTECH/TechnoPharm Messeausgabe ab Seite 26
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Anlagen-/Apparatebau<br />
Starke Sache<br />
Hinter den Kulissen der Stärkeproduktion<br />
Seit 2004 steht in Sünching eine Verdampferanlage<br />
mit dem größten Edelstahlfallstromverdampfer<br />
der Welt. 160 000 Liter<br />
werden hier pro Stunde verdampft.<br />
ANKE GEIPEL-KERN<br />
Django, Albatros, Kuba, Olga, Ramses<br />
– das Grundnahrungsmittel Kartoffel<br />
schmückt sich mit klangvollen Namen. Die<br />
braune Knolle des Nachtschattengewächses<br />
Solanum tuberosum landet jedoch nicht<br />
nur in gekochtem Zustand auf dem Teller<br />
oder als Kartoffelmehl in der Sauce, sondern<br />
versteckt sich auch in Produkten, die<br />
man auf den ersten Blick nicht unbedingt<br />
mit einer Kartoffel in Verbindung bringt.<br />
„Stärkeprodukte werden beispielsweise in<br />
AUF EINEN BLICK<br />
So funktioniert<br />
der Verdampfer<br />
Die zu konzentrierende Flüssigkeit wird<br />
oben auf die Heizrohre aufgegeben und<br />
läuft als dünner Film an den Innenwänden<br />
nach unten. Durch die äußere Beheizung<br />
der Rohre beginnt der Flüssigkeitsfilm zu<br />
sieden und verdampft teilweise. Die zunächst<br />
durch die Schwerkraft erzeugte<br />
Abwärtsbewegung wird zunehmend durch<br />
die Schubwirkung der entstehenden, nach<br />
unten strömenden Brüden unterstützt. Im<br />
Heizkörperunterteil und dem nachgeschalteten<br />
Zentrifugal<strong>ab</strong>scheider werden Restflüssigkeit<br />
und Brüden getrennt. Wichtig<br />
ist, dass die gesamte Heizfläche auch im<br />
unteren Bereich gleichmäßig und ausreichend<br />
mit Flüssigkeit benetzt ist.<br />
66 PROCESS 3-2007<br />
Bild: Gea Wiegand<br />
der Papierherstellung eingesetzt,<br />
um die Festigkeitseigenschaften<br />
zu erhöhen, die Oberflächen<br />
zu veredeln sowie Griff und Glanz zu<br />
verbessern“, erklärt Armin Grandtner, Betriebsleiter<br />
bei Südstärke im Werk Sünching.<br />
Wann in Sünching produziert wird, erkennt<br />
der Besucher an der Parade der Traktoren:<br />
Fendt, Massei Ferguson, John Deere<br />
– alles was Rang und Namen hat, versammelt<br />
sich dann vor den Toren des Werks.<br />
160 bis 170 Ladungen je 20 Tonnen zählen<br />
die Mitarbeiter an der Waage täglich, was<br />
sich auf rund 3200 Tonnen Kartoffeln summiert,<br />
die am Endes des Tages zu 750 Tonnen<br />
Kartoffelstärke verarbeitet sind und<br />
schließlich als weißes Pulver im Silo oder<br />
sauber in Säcke und Big Bags <strong>ab</strong>gefüllt im<br />
Lager landen. „120 Tage dauert eine Kampagne.<br />
In dieser Zeit produzieren wir kontinuierlich,<br />
Sonn- und Feiertage eingeschlossen“,<br />
betont Grandtner. Danach<br />
werden alle Anlagen gründlich gereinigt,<br />
zerlegt und Verschleißteile ausgetauscht.<br />
Und davon gibt es auf dem 250 000 Quadratmeter<br />
großen Werksgelände einige:<br />
Beispielsweise die Messer der acht Ultrareiben.<br />
Die Messer zerkleinern die Kartoffeln<br />
mit Schale zu dem Reibsel genannten Kartoffelbrei,<br />
in dem die Stärkekörner zerkleinert<br />
und damit für die Weiterverarbeitung<br />
zugänglich vorliegen. Kartoffelpufferfans<br />
muss Grandtner <strong>ab</strong>er eine Absage erteilen:<br />
Des hohen Stärkegehaltes wegen<br />
schmeckt die Masse ähnlich wie Kleister.<br />
Die Reibeprozedur ist ein Härtetest für Me-<br />
Auch wenn ein Naturprodukt als Basis<br />
dient: Wie aus einer Kartoffel Stärkepulver<br />
wird, ist Verfahrenstechnik in Reinkultur.ImSüdstärke-WerkSünching<br />
setzt man auf automatisierte Verfahren<br />
und energiesparende Technologien, wie<br />
etwa die mechanische BrüdenverdichtungbeiderEindampfungdesinriesigen<br />
Mengen anfallenden Kartoffelfruchtwassers.WerfenSiemituns<br />
einen Blick in eine der großen Anlagen<br />
Deutschlands.<br />
Bild: dpa<br />
chanik und Material, der bereits<br />
nach zwei Tagen einen Wechsel<br />
der Messer erforderlich macht.<br />
Es wird durchproduziert<br />
Der Zyklus, den die Kartoffel durchläuft,<br />
startet auf einer Waage am Tor mit der Bestimmung<br />
des Stärkegehaltes im Wasserbad.<br />
„In dieser Kampagne liegt er im Mittel bei<br />
19 Prozent, das Maximum erreicht die Kartoffel<br />
bei 23 Prozent, ideal sind 20 Prozent“,<br />
erläutert Grandtner. Ab 13 Prozent dürfen<br />
sich Olga oder Ramses eine Stärkekartoffel<br />
nennen. Liefert ein Bauer ein Ladung mit<br />
geringerem Gehalt <strong>ab</strong>, wird er <strong>ab</strong>gewiesen.<br />
„Es gibt über 400 Stärkekartoffelsorten.<br />
Aber jeder Landwirt hat sein Geheimrezept,<br />
was die Zusammenstellung angeht“, erzählt<br />
der Produktionsleiter. Einen „Korb“ erhält<br />
der Lieferant übrigens auch, wenn der Besatz,<br />
also das, was den Kartoffeln als Erdfrucht<br />
so anhaftet – Steine, Erdklumpen<br />
oder Kraut – mehr als 16 Prozent beträgt.<br />
Ein paar Schritte von der Anlieferung<br />
entfernt steht die Halle, in der die Knollen<br />
vor der Weiterverarbeitung lagern. 7000<br />
Tonnen passen hinein, genug, um Samstag<br />
und Sonntag, wenn die Landwirte nicht<br />
liefern, zu überbrücken. Hier liegt ein<br />
dampfiger, erdiger Geruch in der Luft, Ergebnis<br />
des feinen Regens, der die Kartoffeln<br />
permanent aus Düsen an der Decke berieselt.<br />
Wasser ist in der Stärkeproduktion<br />
ohnehin allgegenwärtig. Auf Transportbän-<br />
Die Autorin ist Redakteurin bei PROCESS.<br />
E-Mail: anke_geipel-kern@process.de<br />
Ein eher exotisches Einsatzfeld<br />
der Kartoffelstärke:<br />
Das weiße Pulver wird<br />
in Wasser hart wie Beton<br />
und dichtet im Meer<br />
Bohrlöcher gegen nachfließendes<br />
Wasser <strong>ab</strong>.