Lokal-regionales Lesenetzwerk des Gymnasiums Veitshöchheim
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ter drangsaliert, von der Mutter mit fürsorglicher Liebe<br />
erdrückt, nicht gerade literarische Schonkost ist. So<br />
viel sollte den Zuhörern beim Hörerlebnis bewusst geworden<br />
sein: Hier kämpft einer im Korsett aus Selbstzweifeln<br />
und Fremdbestimmung an allen nur denkbaren<br />
Fronten <strong>des</strong> Erwachsenwerdens, einer, der erbittert<br />
nach Antworten sucht und dabei immer wieder auf sich<br />
selbst zurückgeworfen wird. Die Welt der Erwachsenen,<br />
so viel steht für ihn fest, ist nicht die seine.<br />
Hier ist man unwillkürlich an die resignative Sicht von<br />
Georg Büchners Danton erinnert, der in eindrucksvoller<br />
Bildlichkeit Julie gegenüber äußert: “Wir sind Dickhäuter,<br />
wir strecken die Hände nacheinander aus, aber es<br />
ist vergebliche Mühe, wir reiben nur das grobe Leder aneinander<br />
ab, - wir sind sehr einsam. [...] Geh, wir haben<br />
grobe Sinne. Einander kennen? Wir müssten uns die<br />
Schädeldecken aufbrechen und die Gedanken einander<br />
aus den Hirnfasern zerren.” Einzig in seiner Beziehung<br />
zur alten, nahezu erblindeten Frau Sternheim, der er<br />
regelmäßig vorliest, kann der Strassersche Robert vorübergehend<br />
emotional Anker werfen. Sie ist es, die in<br />
ihm einen „Wahrheitssucher“ erkennt, ihn mit bohrenden<br />
Fragen wie „Was ist ihr Lebensplan, junger Mann?“<br />
konfrontiert und dadurch die Auseinandersetzung Roberts<br />
mit dem eigenen Ich verschärft. Sie ist es auch,<br />
die ihm die Welt der Literatur, insbesondere der Lyrik<br />
eröffnet, ihm Rilke und Hofmannsthal „als Wegzehrung“<br />
mitgibt, an denen er sich in der Tat berauschen kann.<br />
„Es sind die Wörter, die den Dingen einen anderen Sinn,<br />
ein anderes geheimes Leben geben“, begreift Robert,<br />
„die Wörter aus den Gedichten, die wie selbstständige<br />
Wesen durch seinen Kopf spazieren.“<br />
Und selbst wenn die poetischen Neigungen <strong>des</strong> jugendlichen<br />
Helden nicht unbedingt dem Mainstream<br />
seiner Generation und dem Großteil <strong>des</strong> jugendlichen<br />
Publikums entsprechen, gibt es da auch noch die erste<br />
große Liebe zur geheimnisvollen Fari, die das altersspezifische<br />
Bedürfnis nach Identifikation befriedigen<br />
mag. Sie schätzt gerade das Kontemplative in Robert<br />
und weiß eigentlich doch so wenig von ihm, der den<br />
Tagträumen eines „Taugenichts“ nachhängt, im Unterschied<br />
aber zum literarischen Vorbild „von Station zu<br />
Station einem vorgezeichneten Weg ... folgen“ möchte.<br />
Doch Robert muss sich wie jeder junge Mensch in<br />
der sensiblen Phase der Adoleszenz damit arrangieren,<br />
„dass etwas in seinem Leben zu Ende geht und etwas<br />
Neues, Ungewisses beginnt.“ Er erkennt „die Last der<br />
Freiheit“, sein Leben, die eigene Bestimmung selbst zu<br />
definieren. Dies alles kommt im schlichten, aber dichten<br />
Gewand und ohne jede Aufgeregtheit daher, wie<br />
Scharniere fügen sich die Worte ineinander ohne jede<br />
falsche Sentimentalität, ohne anbiedernde Umarmung,<br />
kurz, ein Roman, der für Jugendliche in der schwierigen<br />
Phase der Selbstfindung Wiedererkennungswert haben<br />
dürfte.<br />
Dass Strasser hier sein eigenes Erleben verarbeitet,<br />
das wurde in der auf die Lesung folgenden Podiumsdiskussion<br />
mit unseren drei engagierten Lesescouts als<br />
Moderatoren deutlich. Sich selbst bezeichnete er als<br />
„Suchenden“, der sich in den unterschiedlichsten Rollen<br />
ausgetestet hat und zur allgemeinen Erheiterung<br />
bekannte: „Meine Pubertät dauerte bis zum 30. Lebensjahr!“<br />
So waren es gerade die Einblicke in die innere<br />
Biografie eines noch immer polarisierenden Zeitzeugen,<br />
die die Veranstaltung belebten. Ob er auf die Frage, woher<br />
er überhaupt sein Wissen über die Probleme der<br />
heutigen Jugend beziehe, von seinen Erfahrung mit<br />
den eigenen Söhnen und deren Freunden erzählte oder<br />
über die eigene Schul- und Studienzeit, als er mit Legenden<br />
wie Grass und Böll sich im Berlin der 60er Jahre<br />
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