Lokal-regionales Lesenetzwerk des Gymnasiums Veitshöchheim
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der Jungen überhaupt noch Interesse für Bücher zeigen,<br />
muss dagegen alarmieren, vor allem wenn man<br />
einen Blick auf die Schulleistungsvergleichsstudien der<br />
letzten Jahre wirft. Die Leistungsbilanz der Jungen auf<br />
dem Gebiet <strong>des</strong> Lese- und Textverständnisses bleibt<br />
stets weit hinter der der Mädchen zurück. Das nimmt<br />
nicht wunder, zumal eine Interdependenz von Leseinteresse<br />
und Leseleistung heute nicht mehr in Frage<br />
gestellt wird.<br />
Erklärungsmodelle, weshalb gerade in der männlichen<br />
Sozialisation der erste Leseknick beim Übergang von<br />
der späten Kindheit zur Pubertät derart dramatisch<br />
ausfällt, gibt es einige: Eines der überzeugendsten ist<br />
jenes, das Lesen als weibliche Kulturpraxis betrachtet,<br />
mit der Jungen ab einem Zeitpunkt, zu dem es gilt, eine<br />
eigene männliche Identität zu entwickeln, mehr oder<br />
minder unbewusst brechen. Es sind die Frauen, die die<br />
zentrale Rolle in der frühkindlichen Vorlesepraxis spielen:<br />
die vorlesende Mutter zu Hause, die Erzieherin im<br />
Kindergarten, die Grundschullehrerin, die für den frühen<br />
Schriftsprachenerwerb verantwortlich ist. Stets bleibt<br />
somit infolge der Feminisierung <strong>des</strong> Erziehungswesens<br />
im Bewusstsein der heranwachsenden Jungen das Lesen<br />
eine spezifisch weibliche Tätigkeit.<br />
Will ein Junge nun seiner männlichen Geschlechterrolle<br />
gerecht werden, so muss er sich umso vehementer gegen<br />
all das wehren, was er als in erster Linie der weiblichen<br />
Welt zugehörig kennengelernt hat. Es ist das Lesen,<br />
vor allem der fiktionalen Literatur, das auf diesem<br />
Altar männlicher Identitätsfindung geopfert wird.<br />
Männliche Initiation findet vornehmlich über die digitalen<br />
Medien statt. Die Beliebtheit, der sich Bildschirmspiele<br />
aller Art erfreuen, ist nicht zuletzt dem Umstand zuzuschreiben,<br />
dass es meist die Väter selbst sind, die ihre<br />
Söhne in diese Welt einführen. Elektronische Medien,<br />
also Bildschirm- und PC-Spiele, so konstatieren Mediennutzungsstudien<br />
der letzten Jahre, befriedigen die Interessenlage<br />
männlicher Heranwachsender weit mehr<br />
als die fiktionalen Stoffe <strong>des</strong> Buchmarktes. Zu wenige<br />
attraktive männliche Identifikationsobjekte scheint der<br />
Buchmarkt zur Verfügung zu stellen; zu viele davon befriedigen<br />
außerdem vorrangig den pädagogischen Blick<br />
der Erwachsenen auf die sich suchenden Jungen, nicht<br />
aber die Bedürfnisse der Rezipienten selbst, die der<br />
Jungen. Dies mag zum Teil zutreffen, aber ist es nicht<br />
vielfach schlichtweg so, dass wir als für die Lesesozialisation<br />
Verantwortliche das Angebot von vorneherein<br />
eingrenzen auf das aus unserer Sicht literarisch Wertvolle?<br />
Was den rigiden Kriterienkatalogen literarischer<br />
Standards nicht entspricht, rangiert gar zu schnell unter<br />
dem Verdikt wenig wertvoll bis hin zu Schrott und wird<br />
auf die rote Liste verbannt. Eine geschlechtsspezifische<br />
Leseförderung, wie sie nun schon seit geraumer Zeit auf<br />
der bildungspolitischen Agenda steht, sollte auf eines<br />
jedoch tunlichst verzichten, nämlich den literarisch versierten<br />
Erwachsenen zum Maß aller Dinge zu erheben<br />
und den sich im literarischen Selbstfindungsprozess befindlichen<br />
Jugendlichen aus dem Blick zu verlieren.<br />
'Doing gender' als Konsequenz<br />
Dr. Gunther Schunk und Theresa Gütling<br />
Will ein geschlechtersensibles Vorgehen bei der Förderung<br />
der Lesemotivation Erfolg haben, so muss neben<br />
dem grundlegenden Gebot doing gender vielerlei bedacht<br />
werden. Für die Entwicklung der Konzeption <strong>des</strong><br />
Welttags 2010 hatte ich als Projektinitiatorin spezielle<br />
folgende Konstanten der Leseforschung im Auge, die<br />
auf Lesecafés wie Workshops zurückwirkten:<br />
1. Die Rolle der Vermittler der Lesekultur muss zunehmend<br />
anders besetzt werden, nämlich verstärkt männlich:<br />
Deshalb haben wir am Welttag <strong>des</strong> Buches die Väter<br />
ins Boot geholt und sie ermuntert, mit der Jugend über<br />
Literatur in Kontakt zu treten. Es ist der lesende und<br />
vorlesende Vater, der als Vorbild fungieren kann. Dies<br />
gilt in gleicher Weise für die Lehrkräfte, die die Schüler<br />
im Alltag als Physiker, Mathematiker, am Welttag aber<br />
auch als Leser erleben durften. Hinzu kommt die Tat-<br />
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