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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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mus stellt hier entweder nur das negative Korrelat der unilinearen Zuschreibung dar oder<br />

positiv die Rolle des Personenkreises, den die Abstammungsrechnung ignoriert, welcher aber<br />

durch das Totem des Mutterbruders, welches das Individualtotem von Ego ist, repräsentiert<br />

wird.<br />

Während die Abstammungsrechte in den sozialen Regeln direkt zum Ausdruck kommen, wird<br />

der Beitrag der anderen Hälfte am Dasein des Ganzen vorwiegend totemistisch reflektiert.<br />

Die Genesis des Ungarinyin-Kosmos vollzog sich im Streit der Walamba- und der Yara-Ungud,<br />

der Süßwasser-Regenbogenschlange, die die Erde aus dem Salzwasser (d.h. aus der Yaraoder<br />

Salzwasser-Ungud und damit aus sich selbst) hervorgeholt hat, um auf ihr jenes Leben zu<br />

erzeugen, das am Ende der Urzeit mit dem Zeichen dieser Herkunft gezeichnet worden ist,<br />

nämlich dem Zeichen des Todes, der alles Sein ereilt, d.h. auch den Kosmos, wenn am Ende<br />

der Tage Yara-Ungud alles wieder zu sich zurücknimmt.<br />

Walamba und Yara (Rotes Riesenkänguru und Graues Bergkänguru) heißen die Stammeshälften-Totems<br />

der Ungarinyin und zu Walamba und Yara gehören alle Dinge, die es in der Ungarinyinwelt<br />

gibt.<br />

Bezog sich in der Urzeit die Endlichkeit nur auf die individuellen Gestalten der Erscheinungen,<br />

in die ihre Wesen sich beliebig zu verwandeln vermochten, d.h. auf ihr Erscheinen einmal als<br />

Walamba- und das andere Mal als Yara-Ding, nicht aber auf die Kraft zur Erscheinung, so<br />

drohte am Ende der Urzeit dieses Ende den Wesen selbst, nämlich als Walamba- oder Yara-<br />

Ding zu verenden, das nur noch durch einen Vertrag zwischen den Geschöpfen und den<br />

Urhebern der Schöpfung nach den Urzeitgesetzen aufgeschoben und aufgehoben werden konnte,<br />

einen Vertrag, der den gegenseitigen Austausch dessen, was zum Weiterleben notwendig<br />

ist, regelt und den Heiratsverträgen entspricht, die diesen Vertrag am deutlichesten vertreten.<br />

Kosmos immer wieder neu zu stiften, und zwar durch Regeln, die festlegen welche Wesen sich<br />

verbinden, welche Totemkategorien, d.h. deren Träger, zusammenkommen müssen, damit das<br />

Ganze nicht auseinanderfällt.<br />

Selbst die Wondjina differenzieren sich in diese Hälften (Moieties) und solange sie mit dem<br />

Leben ihrer irdischen und tierischen Nachfahren verbunden sind, sind sie auf deren Mitwirken<br />

angewiesen. Das Stammeshandeln stellt in seiner Gesamtheit die Reproduktion des Kosmos<br />

unter dem Gesichtspunkt der Versöhnung der in Zwietracht zueinander geratenen Hälften dar,<br />

die nur durch die Einhaltung der Urzeitgesetze, das heißt des sog. <strong>Totemismus</strong>, gelingen kann<br />

und deshalb grundsätzlich in der Krise seiner Möglichkeit steht. Der Kult muß immer ergänzen,<br />

was gestorben ist, was genommen oder getötet wurde, durch Opfer vergelten, um auszugleimythisch-sakraler<br />

<strong>Totemismus</strong><br />

Ungur Yari religiös<br />

Kian Amalad sozial<br />

sozial- klassifizierender T.<br />

War das Ende in der Urzeit nur der ewige Wandel<br />

Unguds in sich selbst, so erschien am Ende der<br />

Urzeit die Möglichkeit der Selbstaufhebung der Ungudkräfte<br />

im Wandel der angenommenen Formen als<br />

deren Erschöpfung. Die Möglichkeit beliebigen<br />

Gestaltenwandels (Polymorphismus) hörte auf und<br />

wurde abgelöst von einer endlich begrenzten Formenvielfalt (Monmorphismus), in die sich die<br />

Welt nun elementar gliederte und aus derem regulären Zusammenwirken sich ihre Einheit<br />

konstituierte, allerdings nur dann, wenn jede Einzelgestalt nicht mehr in der Welt für sich<br />

beanspruchte, als ihr zustand, wenn jede Einzelgestalt sich regelrecht mit ihren Komplementären<br />

verband und Gabe mit Gabe und Leistung mit Leistung so vergalt, daß nichts von der<br />

Kraft Unguds in der Welt zur Aufrechterhaltung der Lebensformen verloren ging.<br />

Der <strong>Totemismus</strong> der Ungarinyin differenziert nicht<br />

Ungur Yari ← matrilinear<br />

Kian Amalad ← patrilinear<br />

nur das ganze Dasein nach seiner Zusammensetzung<br />

aus Walamba- und Yara-Elementen, sondern<br />

stellt zugleich auch den praktischen Versuch<br />

dar, die Reproduktion des Kosmos nach seinen<br />

Gesetzen aktiv sicherzustellen, d.h. das Sein im<br />

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